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Sparkasse München und Görtz sperren Obdachlose aus

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Von: Lisa Mayerhofer

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Sparkassen-Filiale an der Leopoldstraße
Die Stadtsparkasse München steht auf Twitter wegen einer Sperrvorrichtung gegen Obdachlose unter Beschuss. (Symbolfoto) © Sigi Jantz

Bei der aktuellen Kälte suchen Obdachlose oftmals Schutz in den Eingängen zu Geschäften oder in Bankfilialen. Manche Unternehmen gehen dagegen vor. In den sozialen Netzwerken sorgt das für Empörung.

München – Rund 263.000 Menschen haben in Deutschland kein festes Dach über dem Kopf. Das geht aus dem ersten Wohnungslosenbericht hervor, den die Bundesregierung am Donnerstag vorlegte. Bei den aktuellen winterlichen Temperaturen haben es vor allem Menschen, die auf der Straße leben müssen, richtig schwer.

Vor allem in den großen Städten suchen viele Betroffene daher nachts Schutz in den Eingängen zu Geschäften oder den Vorräumen von Bankfilialen. Doch manchen Filialen ist das ein Dorn im Auge – sie versuchen mit unterschiedlichen Mitteln, Obdachlose davon abzuhalten, sich vor oder in ihren Räumen aufzuhalten.

Zacken gegen Obdachlose: „Shame on you, ⁦Sparkasse München“

Auf Twitter sorgt jetzt ein Bild aus einer Filiale der Sparkasse München für Empörung. Das vom Journalisten Ronen Steinke gepostet Foto zeigt einen Vorraum mit Geldautomaten des Münchner Kreditinstituts. Darin befindet sich ein Gitter, auf dem Zacken angebracht sind – offenbar, damit sich Obdachlose dort nicht hinlegen können. „Shame on you, ⁦Sparkasse München, für diese nachträglich angebrachten Zacken. Wenn ein Obdachloser nachts in eurem Schalterraum schlafen möchte, dann nicht, weil es ihm zu gut geht“, schreibt Steinke dazu.

Ein Nutzer kommentiert darunter: „Ich verstehe das nicht mit der Anti-Obdachlosen-Infrastruktur. Wie herzlos muss man doch sein, um so etwas zu entwerfen.“ Ein anderer schreibt: „Wenn ich es nicht besser wüsste, sieht dieses Gitter aus, als ob man ein Tier fernhalten will. Das ist absolut das Letzte und hat mit Menschlichkeit einfach mal nichts zu tun. Wie schnell ein Mensch abrutschen kann, dürfte inzwischen auch jedem klar sein. Ich würde die Bank wechseln.“

Eine weitere Twitter-Nutzerin zeigt ein Foto eines Görtz-Schuhhauses, dessen Eingangsbereich mit einem Absperrband und Nagelbrettern versehen wurde. Dazu erklärt sie: „Bin kürzlich an einer ebenso schäbigen Variante bei Görtz vorbeigekommen. Nicht, dass es sich da einer bei Temperaturen knapp über Null noch zu gemütlich macht.“

Sparkasse München: Größere Kundenbeschwerden an diesem Standort

Andere Nutzer äußern dagegen Verständnis für die Maßnahmen: „Andererseits gibt es dann hunderte Beschwerden von Kunden, wenn die Filiale stinkt, Automaten blockiert sind oder Kundinnen sich nicht mehr sicher fühlen, weil betrunkene Männer sich dort aufhalten, während sie Bargeld abheben wollen. Es gibt bessere Orte, um Obdachlosen zu helfen!“, kommentiert ein Twitter-User. Andere argumentieren, es sei Aufgabe der Kommunen, nicht der Bank oder Händler, sich um die Obdachlosen zu kümmern.

Die Stadtsparkasse München erklärte auf Anfrage gegenüber Merkur.de, dass es sich bei der Filiale auf dem Twitter-Foto um das Beratungs-Center am Max-Weber-Platz handelt. Die Vorrichtung sei an keinem weiteren Standort der Stadtsparkasse München verbaut worden.

Man habe die Vorrichtung im Rahmen eines größeren Umbaus bereits vor längerer Zeit eingebaut, erklärte ein Sprecher. Es habe an diesem Standort wiederholt „größere Kundenbeschwerden gegeben, „nachdem der Geldautomatenraum von Obdachlosen und auch anderen Gruppen als Aufenthaltsort genutzt wurde. Die Kunden beschwerten sich über ein mangelndes Sicherheitsempfinden bei der Vornahme sensibler Geldgeschäfte, insbesondere in den Abendstunden.“

Man habe aber „vollstes Verständnis für die Situation der Menschen, die in diesen Tagen keine warme Unterkunft haben“. Es gäbe jedoch spezielle Angebote der Stadt, „damit sich auch die Personen, die sonst keine Unterkunft in Anspruch nehmen wollen, in Sicherheit begeben können“, teilte die Stadtsparkasse München mit.

Anti-Obdachlosen-Architektur auf Plätzen und vor Geschäften

Diese Zacken, Absperrungen und Gitter gehören zur sogenannten „defensiven Architektur“, manchmal auch Anti-Obdachlosen-Architektur genannt. Dabei werden unter anderem Plätze oder Räume so gestaltet, dass sich Obdachlose oder Drogensüchtige nicht mehr niederlassen können oder wollen, da sie beispielsweise Zacken oder Bügel daran hindern, dass sie sich hinlegen können. Diese Maßnahmen sind allerdings stark umstritten. Kritiker monieren, dass damit Probleme wie Obdachlosigkeit nicht gelöst, sondern bestenfalls aus dem Blickfeld verdrängt würden.

Doch längst nicht alle Geschäfte und Banken sperren obdachlose Menschen aus: Einen ganz anderen Weg wählte zum Beispiel die Sparkasse in Neunkirchen Anfang dieses Jahres. Sie ließ nachts absichtlich die automatischen Türen geöffnet, sodass Obdachlose sich in den Innenräumen aufwärmen können.

Mit Material der AFP

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