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München - Mit Wettbetrug im Profi-Sport werden Milliarden umgesetzt. Auch der Fußball ist betroffen. Die ARD lädt zu einem Themenabend, ein Journalist klärt im tz-Interview auf.
Der Münchner Journalist und Filmemacher Benjamin Best ist Experte beim Thema Wettbetrug und arbeitete am Drehbuch zum ARD-Thriller Auf kurze Distanz. mit. Die tz sprach mit ihm.
Benjamin Best: Sportwetten sind weltweit ein sehr
lukratives Geschäft, bei dem der Umsatz in den letzten Jahren sogar noch gestiegen ist. Allein in Deutschland werden jährlich etwa fünf Milliarden Euro umgesetzt. Sie müssen sich nur in den Städten umschauen, Wettbüros feiern Hochkonjunktur.
Best: Absolut, aber das zieht noch weitere Kreise: Auch kriminelle Organisationen in Asien und Amerika haben ihre Finger im Spiel. Osteuropa ist sehr involviert. Wettbetrug ist ein globales Problem.
Best: Die Vergangenheit hat gezeigt, dass nicht immer alle Manipulationen funktionieren. Es ist und bleibt immer noch ein Spiel, das von Tagesform, Schiedsrichterentscheidungen und auch ein bisschen vom Zufall abhängt. Aber bei vielen Wetten, die man platzieren kann, geht es auch gar nicht mehr darum, ob eine Mannschaft gewinnt oder verliert. Man kann zum Beispiel auf die Anzahl der Tore wetten, die insgesamt im Spiel fallen. Ein Außenseiter, der drei Tore kassiert, ist für einen Außenstehenden keine große Überraschung, für die Wettmafia kann das genaue Ergebnis aber sehr lukrativ ist. Da reicht schon ein Torwart oder ein Schiedsrichter, der auf der Gehaltsliste steht.
Best: In der Ersten und Zweiten Bundesliga gab es in den letzten zwei Jahren keine auffälligen Spiele, aber im europäischen Fußball gibt es erste Ligen, in denen Spiele stattgefunden haben, zu denen noch Ermittlungen laufen. Natürlich sind Mannschaften und Spieler in unteren Ligen leichtere Beute. Einfach, weil sie nicht so viel verdienen und die öffentliche Aufmerksamkeit nicht so groß ist. Wo es nur wenig Zuschauer und keine Fernsehkameras gibt, fällt der Betrug leichter.
Best: Ja, es ist wirklich wahnsinnig schwer, weil Wettbetrug ein globales, ein grenzüberschreitendes Verbrechen ist. Das Spiel findet in dem einen Land statt, die Drahtzieher sitzen in einem anderen, und der Wettanbieter agiert in einem dritten Land. Allein diese Internationalität macht es den jeweiligen Ermittlungsbehörden schwer, effizient durchzugreifen. Darüberhinaus ist auch die Gesetzeslage in vielen Ländern ganz unterschiedlich. Die Verfahren sind oft zäh und kostenintensiv. Seit 2009 ermittelt die Kripo Bochum in Sachen europäischer Wettbetrug. Anfangs saßen da 30 Beamte, heute sind es noch zwei. Einfach, weil sich die Weltpolitik verändert hat. Themen wie Terror haben die Prioritäten verschoben.
Best: Das wäre keine Option. Dann hätte man gar keine Kontrolle und keine Einblicke mehr, weil sich das Geschäft komplett auf den Schwarzmarkt verschieben würde. Das wäre sicher die schlechteste Lösung.
Interview: Astrid Kistner
Thriller & Doku zu illegalen Sportwetten!
Kein Film für einen kuscheligen Fernsehabend. Mit dem TV-Thriller
"Auf kurze Distanz" schickt uns die ARD am Mittwoch in die brutale Welt der Wettmafia. In verrauchten Spelunken wird auf alles gesetzt, was der Sport so hergibt: Boxen, Tennisspiele - Fußball! Mittelklassespieler werden gekauft, Schiedsrichter eingeschüchtert, Partien verschoben. Es ist ein Milliardengeschäft, in das der verdeckte Ermittler Klaus Roth (Tom Schilling) geschleust wird, um einen serbischen Clan hochzunehmen.
Die Freundschaft zu Sippenspross Luka (Edin Hasanovic) ist seine Eintrittskarte in eine Familie, die vor nichts zurückschreckt. Regisseur Philipp Kadelbach ("Unsere Mütter, unsere Väter") ist Großartiges gelungen: ein packender Thriller, der so viel mehr ist als ein Bericht aus der Welt der Wettmanipulationen. Atemlos erzählt er die Geschichte einer tiefen, aber auch tragischen Freundschaft (preisverdächtig gespielt von Schilling und Hasanovic), gibt Einblick in die skrupellosen Machenschaften der Mafia und den aussichtslos anmutenden Kampf um Gerechtigkeit.
Der Münchner Journalist und Filmemacher Benjamin Best recherchiert seit knapp zehn Jahren zum Thema Wettbetrug. Seine Erkenntnisse flossen ins Drehbuch mit ein und halfen Kadelbach bei der Inszenierung des brisanten Themas.
Auf kurze Distanz, 2. März, ARD, 20.15 Uhr