tz-Analyse zu den Löwen: Das läuft falsch im Nachwuchs

Wie geht es mit dem Löwen-Nachwuchs weiter? Am Dienstagabend gab der Verein endgültig die Trennung von Nachwuchs-Chef Wolfgang Schellenberg bekannt. Die tz analysiert die Lage der Jugend an der Grünwalder Straße.
„Wir gehen als Freunde auseinander“, ließ Geschäftsführer Markus Fauser in bestem Vertragsauflösungsdeutsch mitteilen. „Nach einer gemeinsamen Analyse der aktuellen Situation sind wir übereinstimmend zu dem Entschluss gekommen, dass ein Wechsel auf der Position des NLZ-Leiters zu neuen Impulsen im Verein und der Jugendarbeit führen wird.“ Und die sind bitter nötig.
Für zahlreiche Fans ist Schellenbergs Aus gleichbedeutend mit dem Ende des Löwen-Nachwuchses. Doch ein Blick auf die aktuelle Situation in der Jugend zeigt, dass sich der Verein neu aufstellen muss. In der vergangenen Saison stiegen sowohl die U 19, als auch die U 17 aus der Bundesliga ab. Während für die U 19 der Wiederaufstiegszug bei acht Punkten Rückstand auf Tabellenführer Ingolstadt praktisch abgehakt ist, liegt die U 17 nur drei Punkte hinter dem Spitzenreiter (ebenfalls der FCI). Bei der U 19 muss man aber auch entschuldigend anmerken, dass viele der Spieler eine Doppelbelastung mit der U 21 haben. Dennoch wird die Mannschaft kritisch gesehen. U 19-Trainer Christian Wörns hatte seinem Team kürzlich mangelnden Charakter vorgeworfen.
Doch nicht nur beim Blick auf die Tabellen zeigt sich die unbefriedigende Situation, in der sich der Nachwuchs befindet. Die Zeiten, als man dem FC Bayern die Talente vor der Nase wegschnappte sind längt vorbei. Mittlerweile hat selbst die SpVgg Unterhaching den Löwen den Rang abgelaufen. Sowohl in der U 19, als auch in der U 17 spielt Haching in der Bundesliga. 1860 streitet sich mit Ingolstadt, sowie den Junioren-Bundesligisten Augsburg und Nürnberg um die restlichen Talente. Das schlechte Standing des Nachwuchses hat sich bereits herumgesprochen. So sollen Chefscouts anderer Vereine die Löwen nicht mehr so oft beobachten wie früher.
Schellenberg die Schuld dafür alleine in die Schuhe zu schieben wäre nicht fair. Kritiker werfen ihm allerdings vor, dass er vor allem von der Vorarbeit seiner Vorgänger Jürgen Jung und Ernst Tanner gelebt haben soll. Zudem wird ihm vorgeworfen, bei der Wahl der Jugendtrainer zuletzt kein glückliches Händchen mehr gehabt zu haben.
Andererseits müssen sich auch die Verantwortlichen im Verein fragen, ob sie die Monstranz der glorreichen 1860-Jugend zu lange vor sich her getragen haben. Vor zehn Jahren etwa belief sich der Etat für die Jugend noch auf 1,8 Millionen Euro. Zuletzt musste Schellenberg mit rund 800.000 Euro auskommen. Die Mehrzahl der Spieler in der U 19 und U 17 erhält 250 Euro Umkostenpauschale im Monat. In Zeiten, in der in anderen Klubs schon Minderjährige abkassieren, ist das nicht mehr attraktiv. Jüngere Jahrgänge müssen auch ihre Ausrüstung selbst besorgen. Dafür kann Schellenberg natürlich genausowenig wie für den Abstieg der ersten Mannschaft. Die Perspektive, bestenfalls in der Regionalliga zu spielen, sorgt bei Talenten nicht für Jubelstürme.
Fazit: Einerseits verlieren die Löwen einen verdienten Mitarbeiter. Dennoch ist es, wie Schellenberg zitiert wird, wohl „für beide Seiten Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen“