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1860-Coach Köllner: „Wir können keine Wohlfühloase aufbauen“

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Von: Ludwig Krammer, Uli Kellner

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1860-Trainer Michael Köllner gestikuliert
Was bringt die neue Saison? 1860-Coach Michael Köllner beim großen Sommerinterview. © Marcus Schlaf

Im zweiten Teil unseres Interviews spricht 1860-Coach Michael Köllner über neue Reize, Ex-Bundestrainer Löw, Expertenaussagen von Uli Hoeneß und Altlasten.

München - An diesem Samstag geht’s los für die Löwen – um 14 Uhr kommen die Würzburger Kickers ins Grünwalder Stadion (BR und MagentaSport live). Hier der zweite Teil unseres Saisonauftakt-Interviews mit Trainer Michael Köllner.

Herr Köllner, Sie haben die Mannschaft ein neues System mit Dreierkette einüben lassen, um flexibler zu sein und neue Reizpunkte im Training zu setzen. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Ich bin zufrieden, die Mannschaft hat gut mitgezogen, damit haben wir eine Option mehr. Ich diskutiere viel mit den Spielern und frage, auf welcher Position sich jeder am wohlsten fühlt. Die Maxime ist, dass wir jeden Spieler auf seine beste Position bringen. Aber klar, am Ende ist es immer ein Kompromiss. Die Verantwortung für die Ergebnisse muss ich als Trainer tragen, nicht die Spieler.

Bundestrainer Joachim Löw schien bei der missratenen EM eine andere Maxime zu haben.

Ach, diese Diskussion über die Dreierkette, das ist so ein deutsches Phänomen. Das Problem war eher die fehlende Einübung. Wenn der Abwehrchef (gemeint: Mats Hummels/Red.) relativ spät dazukommt und vorher nicht involviert war, dann ist das einfach ungünstig. Ich find trotzdem, dass Jogi Löw dem deutschen Fußball viel gegeben hat. Klinsmann damals, das war eine rein emotionale Geschichte. Die Nachhaltigkeit hat erst Löw geschaffen.

Die EM-Analyse von Uli Hoeneß fiel unmittelbar nach dem deutschen Aus persönlicher aus. Stichwort Toni Kroos . . .

Ich find’s schlimm, wenn Menschen nach dem Ende ihrer Laufbahn immer noch meinen, zu jedem Thema ihre Meinung äußern zu müssen. Ausnahmen bestätigen die Regel. Helmut Schmidt, unser bester Bundeskanzler, hat die Dinge überblickt, der Mann hatte Klasse, dem hab ich gerne zugehört.

Sie sind jetzt auch kein wortkarger Mensch.

(lacht) Ich werde nach meiner Zeit als Fußballtrainer noch genügend andere Dinge zu tun haben, mich muss keine Zeitung mehr anrufen, gar keine. Es gibt so viel, was ich noch tun will.

Zum Beispiel?

Reisen! Nach Tibet, Burma, Bhutan – in spirituelle Länder. Das interessiert mich. Ich will dorthin, wo die Menschen wohl am zufriedensten sind, das will ich mit eigenen Augen sehen.

Ich habe schon Wurzeln geschlagen hier – und würde auch noch gern tiefere Wurzeln schlagen. Aber die Baugrundstücke, die ich mir vorstelle, die gibt mir leider keiner.

1860-Trainer Michael Köllner.

Wie zufrieden sind Sie in München?

Ich habe schon Wurzeln geschlagen hier – und würde auch noch gern tiefere Wurzeln schlagen. Aber die Baugrundstücke, die ich mir vorstelle, die gibt mir leider keiner. In Harlaching habe ich mir schon zwei, drei leer stehende Häuser und Grundstücke angeschaut, aber die stehen nicht zum Verkauf – zumindest nicht zu einem erschwinglichen Preis.

Erschwinglich ist das Stichwort. Wie groß hätte der personelle Umbruch bei Sechzig im Falle des Aufstiegs ausfallen müssen?

Es wäre einiges zu tun gewesen. Und ich weiß nicht, ob alles umsetzbar gewesen wäre, ob wir die Etatstruktur so hinbekommen hätten, dass es reicht.

Sie spielen auf die gestundeten Zahlungen an, die bei einem Aufstieg fällig geworden wären. Restmiete Arena, Catering . . .

Nicht falsch verstehen, natürlich hätten wir alle gerne in der 2. Liga gespielt. Aber es wird schon seinen Sinn gehabt haben, dass wir nicht aufgestiegen sind. Wenn’s dich oben beutelt und gleich wieder runterhaut, was hast du gewonnen? Du musst mit einer Mannschaft hochgehen, die schon konkurrenzfähig ist – und dann gezielt Verstärkungen dazu holen.

1860-Trainer Michael Köllner im Gespräch mit den Sportredakteuren Uli Kellner und Ludwig Krammer.
Traditionelles Vor-dem-Start-Interview: 1860-Trainer Michael Köllner mit den Sportredakteuren Uli Kellner und Ludwig Krammer. © Marcus Schlaf

Hätten Sie Sascha Mölders die 2. Liga noch zugetraut?

Ja, warum nicht? Seine Abschlussqualität ist immer noch erstklassig. Die Fragen sind: Schaffen wir es als Mannschaft, ihn defensiv so zu entlasten, dass er wenig laufen muss und wir ihn trotzdem immer wieder in Position bringen? Und kann er sich noch mal so quälen im Training, immer wieder aufraffen nach kleinen Verletzungen? Wichtig ist, dass wir einen Typen wie Marcel Bär dazubekommen haben, der auch eine hohe Qualität hat.

Bislang war seine Torquote stets einstellig.

Wartet ab, der Junge macht seine Sache richtig gut hier.

Ein Sorgenkind ist Stefan Lex, dessen Abschlussqualität Sie in der Vorbereitung deutlich kritisierten. Wie fiel die Reaktion aus?

Natürlich hat’s ihn geschüttelt, aber wir haben intern darüber geredet, er will ja auch selbst mehr. Der Druck war einfach enorm auf ihn letzte Saison. Es gab kaum Alternativen, er ist verkrampft. Jetzt steht er nicht mehr so unter Zugzwang.

Aha.

Wir müssen uns den Gesetzmäßigkeiten des Profifußballs stellen, und das sind Ergebnisse. Wir können hier keine Wohlfühloase aufbauen, eine eigene Löwenwelt, die mit der Realität nichts zu tun hat.

Blicken Sie manchmal beunruhigt rüber zum Rivalen Türkgücü, wo ein Spieler nach dem anderen verpflichtet wurde?

Nein, das sehe ich ganz entspannt. Klar haben die große Ambitionen und eine ganze Reihe an erfahrenen Spielern – wie letztes Jahr auch. Aber es gibt halt auch einige erfolgsmindernde Themen, ohne dass ich da jetzt näher drauf eingehen will.

Bei Sechzig war der erfolgsmindernde Faktor jahrelang der Konflikt zwischen Verein und Investor. Wie haltbar fühlt sich der aktuelle Friede der Gesellschafter für Sie an?

Ich habe bis dato sowohl bei Robert Reisinger als auch bei Hasan Ismaik das Gefühl, dass sie an sportlichem Erfolg interessiert sind. Meinungsverschiedenheiten wird es immer geben, das ist nichts Schlechtes. Wichtig ist, dass es sachlich bleibt. Ich bin gespannt auf die Mitgliederversammlung im Herbst. Da werde ich jede Minute dabei sein, weil ich wissen will, wie der Verein tickt.

Wie nahe sind Sie Ismaik bisher gekommen?

Er hat mir zum Tod meines Vaters einen persönlichen Brief geschrieben, das habe ich sehr sympathisch gefunden, das war klasse. Persönlich gesprochen haben wir noch nicht, der Kontakt lief über seinen Bruder Yahya. Für mich ist entscheidend, dass er zufrieden mit unserer Arbeit ist. Aber natürlich würde ich ihn gerne mal kennenlernen. Was man so hört, soll es auch nicht mehr allzu lange dauern.

Interview: Ludwig Krammer, Uli Kellner

Zuletzt verpasste der TSV 1860 München den Zweitliga-Aufstieg nur knapp. Ein Sieg beim Spiel gegen Würzburg vor Fans zum Auftakt soll der Grundstein für den nächsten Versuch sein - live im Ticker.

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