OB-Kandidat der München Liste: „Zehn Jahre Verkehr total verschlafen“

Die München Liste will bei der OB-Wahl die "Sensation" schaffen. Im Hallo-Interview kritisiert ihr OB-Kandidat Dirk Höpner zudem den aktuellen Stadtrat - und spricht sich für eine Verknappung von Arbeitsplätzen aus.
München – Die Kommunalwahl 2020, sie wird eine Wahl der kleinen Parteien. Insgesamt 17 Gruppierungen wollen ins Rathaus. Eine davon: die München Liste. Im Sommer gegründet, jetzt auf Stadtrats-Kurs. Dirk Höpner (58) war bisher das Gesicht des Kampfes gegen die SEM im Münchner Norden. Jetzt möchte der Geschäftsführer eines Sozialunternehmens auf den OB-Posten.
Herr Höpner, von der Bürgerinitiative zum Bestreben mitzuregieren. Warum dieser Schritt?
Es gibt in München etwa 70 Bürgerinitiativen. Es hat sich gezeigt, dass die Vernetzung unheimlich viel bringt. Es stand schon immer im Raum, einen münchenweiten Verein zu gründen. Im Sommer haben wir uns dann entschieden, als unabhängige Bürger, überparteilich anzutreten.
Dazu sind 1000 Unterschriften von Münchnern notwendig.
Wir haben bis Februar Zeit und werden die Zahl sicher schaffen.
Dirk Höpner: „Ich glaube schon, dass wir eine kleine Sensation schaffen können.“
Sie gehen weiter auch von einem erfolgreichen Wahlergebnis aus: Zehn Prozent sollen es werden.
Ich glaube schon, dass wir eine kleine Sensation schaffen können. Wir sind in einer absoluten Außenseiterposition. Wir denken aber, dass das Wachstums-Thema viele Münchner bewegt. Gerade die, die schon länger hier sind und die Entwicklung sehen.
Hier gehts zur großen Hallo München Wahlumfrage.
Was läuft denn falsch?
Wir schaffen dreieinhalb Mal so viele Arbeitsplätze wie Wohnungen. Nachverdichtung muss sein. Aber die Größenordnung und die Art und Weise, wie man das derzeit machen will, das sprengt für uns jeglichen Rahmen.

Weniger Bauen heißt aber auch weniger Wohnen. Wo sollen die ganzen Menschen hin?
Wir brauchen eine andere Wirtschafts- und Strukturpolitik. Es gibt viele Regionen in Deutschland, die sich danach sehnen, mehr Arbeitsplätze zu haben. Den Bau von Bürogebäuden müssen wir massiv einschränken. Das ist ein großes Thema für die steigenden Mieten.
Die Wirtschaft bringt der Stadt aber auch Geld.
Wir kriegen eine Rekordverschuldung und haben Riesen-Defizite – in der Sozialpolitik, ärztlichen Versorgung, Pflege. Noch größerer Investitionsbedarf besteht im Verkehrsbereich. Dann ist das mit der Gewerbesteuer doch ein zweischneidiges Schwert. Es kann nicht sein, dass die Gewerbesteuer der treibende Faktor ist, um noch mehr Büros zu bauen.
Dirk Höpner: „Ich bin nicht für einen Wachstumsstopp. Wir wollen ein gesundes Wachstum.“
Woher nehmen Sie dann das Geld, um genannte Defizite zu beheben?
München baut für 1,1 Milliarden Euro Wohnungen. Da muss man kürzer treten. Dieses weitere Wachstum hat einen riesigen Investitionsbedarf.
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Wachstum schafft in einer Stadt aber auch Internationalität, Vielfalt.
Ich bin nicht für einen Wachstumsstopp. Wir wollen ein gesundes Wachstum. Es muss auch zum Wohle der einheimischen Bevölkerung sein. Man muss vernünftig gegensteuern, um Punkte wie Freizügigkeit und Internationalität mitzunehmen und auf der anderen Seite etwas Luft rauszunehmen. Und da braucht es eine vernünftige Balance.
Dirk Höpner: „Wir haben im Grunde zehn Jahre Verkehr total verschlafen.“
Fehlt das Gleichgewicht auch beim Thema Verkehr?
Wir haben im Grunde zehn Jahre Verkehr total verschlafen. Stattdessen führen wir Kleindiskussionen wie über die Radwege in der Fraunhoferstraße. Wir brauchen irgendwann einen großen Wurf.
Wäre das auch Ihre erste Handlung, wenn Sie OB werden?
Ja, das wäre ein Plan für Grünflächen, Frischluftschneisen, Überlegungen, wie und wo man hinbauen kann, ein Verkehrskonzept.
Oberbürgermeister Dieter Reiter hat der München Liste vorgeworfen, egoistisch zu sein.
Dieser Vorwurf macht einen ein bisschen sprachlos. Die Münchner, die in diesen Bürger- initiativen arbeiten, sie sind hochengagiert, machen das alles freiwillig und opfern einen großen Teil ihrer Freizeit.
Sophia Oberhuber
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