Ihr Weg zur letzten Ruhe: 200 Leichen werden nach vier Jahren bestattet
München – In Neuhausen werden die Überreste von 200 Münchnern beigesetzt – zum zweiten Mal. Historiker Franz Schröther erklärt, wo man die Knochen fand und wieso sie vier Jahre verwart werden mussten












Fast vier Jahre wurden sie aufbewahrt, jetzt endlich finden die sterblichen Überreste von rund 200 verstorbenen Neuhausern am alten Winthirfriedhof eine neue Ruhestätte. Am 1. Februar um 15 Uhr werden diese Toten mit einer ökumenischen Trauerfeier in der Winthirkirche öffentlich bestattet und erneut, zum zweiten Mal, zur ewigen Ruhe gebettet. 2014, bei Aushebungen hinter dem Neuhauser Trafo, stieß man auf alte Gräber aus dem letzten Jahrhundert.
Es war ein Aufruhr, als auf der Baustelle an der Nymphenburger Straße menschliche Knochen zum Vorschein kamen. Ein sofortiger Baustopp wurde verhängt, die Kripo gerufen. Leichenreste wurden geborgen – geschätzt von 200 Toten, mindestens die Hälfte davon Kinder. Recherchen ergaben, dass dort, am Rand des alten Winthirfriedhofes, in den Jahren 1877 bis 1920 vor allem Kinder beigesetzt wurden – die Kindersterblichkeit war damals sehr hoch. Doch der alte Gräberplan war nicht mehr auffindbar, so dass die einzelnen Knochenreste keinem Namen mehr zuzuordnen waren.
„Es wäre aber für mich unmöglich und unwürdig gewesen, diese Neuhauser Kinder irgendwo auf dem Westfriedhof zu bestatten“, erzählt Franz Schröther, Gründer und Leiter der Geschichtswerkstatt Neuhausen. Darum hat sich der Historiker besonders eingesetzt, mehr als nur eine würdige Verabschiedung für diese Verstorbenen zu bekommen. Gemeinsam mit dem Bezirksausschuss kämpfte er hartnäckig dafür.
Obwohl auf dem kleinsten Friedhof der Stadt eigentlich keine Beerdigungen mehr stattfinden hatte der Leiter der Geschichtswerkstatt mit seinem Ansinnen Erfolg: „Die Stadt hat uns nun das letzte dort verfügbare Grab zur Verfügung gestellt. Die zwei Särge werden von der Friedhofsverwaltung gespendet und auch die Pflege der Ruhestätte wird nichts kosten: Es wird Gras auf die Graberde gesät.“ Dazu liegt diese letzte Grabstelle des Winthirfriedhofs sogar nur wenige Meter neben dem Ort, an dem die Knochen gefunden wurden.
Auch ein schmiedeeisernes Kreuz ist schon gefunden. Ein Neuhauser Bürger hat es gespendet. Es soll die Aufschrift tragen: „Ruhestätte der Toten aus dem Erweiterungsteil des Winthirfriedhofs“.
Marie-Julie Hlawica
200 Jahre

Die Stadt feiert heuer „200 Jahre kommunales Friedhofs- und Bestattungswesen in München“. Anlässlich dieses Jubiläums startet in der kommenden Mittwochs-Ausgabe von Hallo München unsere große Serie zu den Münchner Friedhöfen. Was sind die jeweiligen Besonderheiten, wo kann man sich noch bestatten lassen und welche Menschen erfüllen die Gottesäcker mit Leben? Auch die Stadt würdigt das Jubiläum mit einem Festprogramm. Dazu wird es im März eine Eröffnungsveranstaltung und das gesamte Jahr hindurch viele Veranstaltungen geben.
Bayerischer Bergfriedhof als Vorbild

Der Friedhof Neuhausens wurde im Jahr 1315 erstmals urkundlich erwähnt. Da sich der Friedhof um die Winthirkirche erstreckt, wird er umgangssprachlich auch als „Winthirfriedhof“ bezeichnet. Franz Schröther von der Geschichtswerkstatt Neuhausen erklärt: „Er ähnelt mit seinen vielen prachtvollen eisernen Kreuzen einem oberbayerischen Bergfriedhof, große Grabsteine sind auf dem alten Teil unüblich.“
Berühmte Gräber wie die der Familie der Schauspieler Fritz und Elmar Wepper, von Oskar von Miller und Schauspieler Jörg Hube finden sich hier. Eigentlich gilt: Die dort Bestatteten müssen dazu über 30 Jahre lang in Neuhausen gelebt haben. „Doch neue Gräber werden seit Jahren nicht mehr vergeben, weil es keinen Platz mehr gibt“, so Schröther.
Mit 142 Grabstätten ist der Friedhof Neuhausen der von der Gräberanzahl kleinste Münchner Friedhof. Das Friedhofsgelände umfasst eine Fläche von 2600 Quadratmeter.