Fußabdrücke in München: Zwei Vereine haben einen Rundgang zur deutschen Kolonialgeschichte entwickelt

München steckt voller Hinweise auf alte Kolonialgeschichte. Wer sich näher damit auseinandersetzen möchte, kann bei einem Rundgang des Vereins Commit teilnehmen - Geschichte zum erleben.
An Juri und Miranha erinnert heute auf dem Alten Südlichen Friedhof nichts mehr. An der Stelle ihrer ehemaligen Grabstätte liegt mittlerweile ein einstiger Kultusminister. Doch die Gräber von Carl Friedrich Philipp von Martius und Johann Baptist von Spix, sie existieren noch.
Die beiden Naturforscher, unternahmen im frühen 19. Jahrundert eine Brasilien-Expedition. Von dort haben sie nicht nur Pflanzen und Tiere mitgenommen – sondern auch Kinder. Bis nach München geschafft haben es zwei. Juri und Miranha hat man sie genannt, nach ihrer indigenen Abstammung. Sie starben wenige Monate nach ihrer Ankunft, nachdem man sie vermessen, ihr Verhalten analysiert und sie zur Schau gestellt hatte.
Kolonialgeschichte in München: Ein historischer Rundgang
Verena Schneeweiß erzählt die Geschichte der beiden Kinder – und die weiterer Opfer und Täter deutscher Kolonialgeschichte. Schneeweiß ist Tour-Leiterin des „Postkolonialen Stadtrundgangs“, den der Verein Commit in Kooperation mit der Nachbarschaftshilfe regelmäßig organisiert. Der nächste Workshop mit Rundgang findet der aktuellen Situation geschuldet komplett online statt – per Zoom am Sonntag, 21. Februar (siehe unten).

„In den ersten beiden Workshop-Stunden bekommen die Teilnehmer einen groben Überblick über die Kolonialgeschichte“, sagt Schneeweiß. Danach geht es auf den zweistündigen Rundgang über den Alten Südlichen Friedhof, zum Stadtmuseum und dem Museum Fünf Kontinente, zum Warenhaus Dallmayr bis zum Rathaus – diesmal alles online. Den Abschluss bildet eine „Wandelgalerie“, eine Kordel mit Schildern verschiedener Initiativen, bei denen sich die Teilnehmer weiter informieren oder engagieren können. „Wir möchten auch Handlungsoptionen bieten“, so Schneeweiß.
Das Grabrelief von Juri und Miranha, gefertigt vom Erzgießer Johann Baptist Stiglmaier, befindet sich heute im Stadtmuseum – in der Sammlung für angewandte Kunst.
Die „Kolonialviertel“ im Osten
Hans Dominik (1870 – 1910): Ein Offizier, verantwortlich für brutale Unterdrückungen und Hinrichtungen in der deutschen Kolonie Kamerun. Rudolf von Bennigsen (1859 – 1911): Ein Gouverneur der Kolonie Deutsch-Neuguinea, der verantwortlich war für sogenannte Strafexpeditionen gegen die einheimische Bevölkerung. Nach solchen Männern sind in München Straßen benannt, vor allem in den beiden „Kolonialvierteln“ im Münchner Osten, in Bogenhausen und Trudering. Streit um die Benennung von Straßen gab es immer wieder, ein paar wurden in der Vergangenheit umbenannt. 2009 wurde vom Stadtrat beschlossen, in 28 Truderinger und Bogenhauser Straßen, deren Namen mit der unrühmlichen kolonialen Vergangenheit in Afrika verbunden sind, Erläuterungstafeln anzubringen.
Der nächste Rundgang
Workshop & Rundgang „Postkoloniale Spuren in München“, Sonntag, 21. Februar, von 13 bis 18 Uhr via Zoom. Anmeldung erforderlich, Teilnahme frei. Kontakt: teresaniessen@die-nachbarschaftshilfe.de.