Zu groß und zu hoch

Dem Bauprojekt der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag an der Carl-Wery-Straße in Neuperlach-Süd droht Ärger. Die Regierung von Oberbayern hat das Vorhaben jetzt als rechtswidrig beurteilt.
Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag will an der Carl-Wery-Straße in zwei geschwungenen Blöcken insgesamt 438 neue Wohnungen bauen. Das sind rund 110 Wohneinheiten mehr als ursprünglich geplant. Denn die ursprünglich sechs Vollgeschosse wurden auf acht aufgestockt. Das sei vor allem der akuten Wohnungsnot in München geschuldet.
Zum anderen vertrage der Standort am Stadtrand, gegenüber der Siemens-City und dem S- und U-Bahnhof Neuperlach-Süd, durchaus eine solch kräftige Baustruktur, erklärten Gewofag-Geschäftsführer Klaus-Michael Dengler und Stadtbaurätin Elisabeth Merk noch vor kurzem beim Spatenstich. Für die zusätzlichen Stockwerke sowie die Anhebung der damit verbundenen Geschossfläche hatte die Stadt bei der Baugenehmigung daher eine Freistellung vom geltenden Bebauungsplan erteilt. Doch in der Nachbarschaft an der Curd-Jürgens-Straße gibt es Widerstand gegen die Erhöhung.
Nach aktuellen Informationen haben die westlich anschließende Eigentümergemeinschaft und einige Einzeleigentümer Klage gegen die Baugenehmigung eingereicht. Zudem hat der Perlacher Landtagsabgeordnete Markus Blume (CSU) inzwischen bei der Regierung von Oberbayern wegen den Befreiungen nachgefragt. Von der für die Kommunen zuständigen Aufsichtsbehörde liegt nach Sichtung der Bauakten nun die Antwort vor. Danach stuft die Regierung von Oberbayern das Vorgehen als rechtswidrig ein. Für die Befreiungen lägen die entsprechenden Voraussetzungen des Baugesetzbuches nicht vor. Denn sowohl die Festsetzung der Zahl der Geschosse als auch die Geschossfläche würden Grundzüge der Planung tangieren, die im gültigen Bebauungsplan fixiert seien.
Die Regierung kommt zu dem Fazit: „Für das Vorhaben hätte daher ein Bebauungsplan-Änderungsverfahren durchgeführt werden müssen.“ „Wir brauchen Wohnraum in München“, sagt Blume, „das darf aber nicht dazu führen, dass Recht und Gesetz ausgehebelt werden“. Bei der Schaffung von Baurecht müssten die Belange der Nachbarschaft ebenso berücksichtigt werden wie die Grundzüge der Planung. Das gehe aber nicht im Wege von einfachen Befreiungen, sondern nur in einem ordentlichen Verfahren unter Einbindung des Stadtrats.
„Ich erwarte von der Landeshauptstadt München, dass sie die Baugenehmigung widerruft und ein ordentliches Bebauungsplanänderungsverfahren durchführt!“ „Warum ist das eigentlich nicht geschehen“, fragt nun die CSU-Stadtratsfraktion. Sie will außerdem wissen, welche Konsequenzen jetzt zu ziehen sind und ob auch in anderen Bereichen ähnliche Verstöße zu erwarten sind. Eine Stellungnahme seitens der Gewofag zu dem Thema lag bis HALLO-Redaktionsschluss nicht vor.
Carmen Ick-Dietl