Geschlafen wurde mit dem Bibersack einfach an Ort und Stelle, wo es dem Wanderer gerade richtig vorkam: „Ich habe am Fluss einfach die Augen zugemacht, das war so wunderschön“, sinniert er und blickt lächelnd ins Leere, als wäre er gedanklich wieder auf Wanderschaft.
Ein ihm bekannter Veranstalter, der unter anderem zuvor bereits Nachtspaziergänge um den Starnberger See organisiert hatte, bei denen Hölscher ebenso zugegen war, informierte den Waldtruderinger dann über sein neuestes Projekt: Den ersten „Bavaria Königsmarsch“, bei dem 41 Kilometer lang rund um die Königsschlösser König Ludwigs im Allgäu gewandert wird.
Also bereitete sich Hölscher darauf vor und unternahm drei mal pro Woche, beladen mit Gepäck, Fußmärsche durch die Waldtruderinger Wälder. „Ich kenne das vom Sport, je mehr man trainiert hat, umso mehr hat man von der ganzen Geschichte“, erklärt der Architekt. Mit zu wenig Training sehne man sich bei der Wanderung dann nur durchgehend dem Ziel entgegen, ein furchtbares Gefühl: „Aber wenn man gut drauf ist, dann genießt man die Natur und die Landschaft und das ist eine wunderschöne Sache.“
Anfang Mai war es dann soweit. Zum ersten „Bavaria Königsmarsch“ im Allgäu kamen Wanderer aus Deutschland Österreich und der Schweiz, insgesamt 161 Teilnehmer —und Hölscher war einer davon. Pünktlich um 7 Uhr morgens fiel der Startschuss und es ging los, dem König zu ehren, sagt der Wanderer mit einem Schmunzeln.
Die wunderschöne Strecke führte vorbei an sechs Seen rund um Füssen, Schwangau und die Königsschlösser, sowie in 21 Metern Höhe auf dem Baumkronenweg von Bayern nach Tirol, fasst der Waldtruderinger zusammen. Neben Highlights wie dem Felsentor und den beiden Schlössern Hohenschwangau und Neuschwanstein sei allem voran der Blick auf die Berge „ein Traum“ gewesen. Die Gesellschaft anderer begeisterter Wanderer schätzte er dabei ebenso wert wie die Landschaft, erzählt er.
Nach gut sechs Stunden Fußmarsch war dann schließlich das Ziel, das Festspielhaus Neuschwanstein am Forggensee erreicht. Darauf wurde natürlich mit einem König-Ludwig-Weißbier angestoßen. „Alkoholfrei“, stellt Hölscher mit einem Zwinkern klar. „Das war ja keine Sauftour.“ Komplett verausgabt hat er sich dank des Trainings nicht, meint der Experte, die Freude über die Leistung seiner selbst sei aber trotzdem jedes mal am Ziel wieder groß.
Und es wird bei Weitem nicht Hölschers letzter großer Spaziergang gewesen sein, denn den Mann aus München zieht es weiter in die Natur. Sein nächstes großes Ziel: eine Schwarzwalddurchquerung von Nord nach Süd, rund 250 Kilometer. „Da ist man schon eine Woche unterwegs“, weiß der Waldtruderinger.
Hetzen möchte er dabei nicht, sondern lieber Landschaft und Natur genießen: „Ich gehe so lange bis ich mir denke jetzt reicht‘s und ich such mir ein Platzerl für mein Zelt oder klingel bei einem Bauern und frag, ob er einen Platz in der Scheune hat“, erklärt Hölscher vorfreudig. Da könne es auch mal vorkommen, dass er sich gemütlich an einer schönen Stelle ausruht und ein Buch liest, ein Gedicht schreibt oder etwas malt. „Es geht um das Erleben, nicht um die Geschwindigkeit“, stellt er klar. „Es muss einfach jeder für sich wissen, wie er seine Freizeit gestalten will, und das hier mache ich jetzt einfach“, sagt der Waldtruderinger mit einem Lächeln – und schweift dabei wieder mit seinem Blick in die weite Ferne.