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Der teure Start ins Schulleben

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Kinder haben meist eine genaue Vorstellung, wie ihr Schulranzen aussehen soll. Eltern hingegen achten mehr auf die Passform und Funktionalität.
Kinder haben meist eine genaue Vorstellung, wie ihr Schulranzen aussehen soll. Eltern hingegen achten mehr auf die Passform und Funktionalität. © dpa

Während so mancher Schüler herunterzählt, bis endlich sechs Wochen lang keine Schule ist, fiebern andere Kinder ihrem Start ins Schulleben im September entgegen. Derzeit werden in vielen Kindergärten Schultüten gebastelt. Und Eltern tauschen sich über die Anschaffung des Schulranzens aus, der rückenschonend und verstellbar sein sollte. Ein Thema, das andere Eltern verstummen lässt. Denn: Der Kauf eines Schulranzens geht ins Geld.

Kinder haben viele Wünsche. Mädchen träumen von einem Kleid mit der Walt-Disney-Eiskönigin Anna vorne drauf. Buben hätten gerne einen Roller, am liebsten von einer bestimmten Marke. Und manch kleiner Fußballer glaubt felsenfest, dass er besonders viele Tore schießt, wenn sein Ball das Logo seines Lieblingsvereins trägt. Eltern müssen abwägen: Welchen Wunsch erfülle ich meinem Kind? Oder hat sich dieser eine große Wunsch bald wieder verflüchtigt und wird durch einen neuen ersetzt? Es gibt aber auch Dinge, die Kinder wirklich brauchen und auf die sie nicht verzichten können. Dazu gehört: Jeder Abc-Schütze, der im September in die Schule kommt, trägt auf dem Rücken einen Schulranzen. Und während Eltern über die Funktionalität und die Passform diskutieren, achten Kinder vor allem aufs Motiv. Je weicher aber die Schultergurte, je auffälliger das Reflex-Material und je bekannter das Motiv sind, desto mehr wird der Geldbeutel einer Familie vor dem Start ins Schulleben strapaziert. Längst ist die Schultasche nicht mehr nur Gebrauchsgegenstand, um darin Hefte, Stifte und die Brotzeit zu verstauen. Kinder schultern mit ihren Ranzen Statussymbole. Manche Eltern geben für das mehrteilige Gesamtpaket aus Ranzen, Turnsäckchen und Federmäppchen gerne mal 200 Euro aus. Einen Betrag, den viele Eltern nicht aufbringen können — und manche vielleicht auch gar nicht wollen.

Eltern müssen tief in die Tasche greifen

Doch kein Erstklässler kann auf diese Ausstattung verzichten. Und es geht ja noch weiter und somit noch mehr ins Geld: Sowohl Ranzen, Sportbeutel als auch Mäppchen müssen mit Inhalt befüllt werden: Spitzer, Kleber, Schere, Malkasten, Wachsmalstifte müssen ebenso gekauft werden wie Turnschuhe, Sportkleidung und eine Pausenbrotbox. Die Gesellschaft für Konsumforschung schätzt, dass Eltern im Jahr 2013 im Schnitt 350 Euro für die Erstausstattung ausgegeben haben. Und hinzu kommen noch Hefte und Materialien, die auch noch besorgt werden müssen. Erstklässler-Eltern können die Listen, die von den meisten Schulen bereits vor den Sommerferien verschickt werden, zwar nach und nach abarbeiten. Doch wieder stehen manche Eltern vor einem Dilemma: Muss es beim Malkasten und bei den Buntstiften unbedingt Markenware sein, wie es die Lehrer auf der Material-Liste häufig vermerken? Doch auch wenn man bei der einen oder anderen Anschaffung spart, die unumgänglichen Kosten können die Freude auf den neuen Lebensabschnitt trüben. Das bestätigt auch Haimo Liebich, Vorstandsmitglied des Deutschen Kinderhilfswerk und Stadtrat der Landeshauptstadt München: „Die Schule ist für jedes Kind ein ganz besonderes Erlebnis. Für das Budget vieler Familien ist sie aber leider weniger ein freudiges Ereignis, als vielmehr eine enorme finanzielle Belastung“, sagt er. Rund 2000 Schulranzen, gefüllt mit Schreibmaterial, Heften und Sportbeuteln, verteilt das Deutsche Kinderhilfswerk bundesweit, auch in München, jedes Jahr an Kinder aus einkommensschwachen Familien. Bei der Stadt München können Familien zudem pro Schuljahr 100 Euro für Schulbedarf beantragen. 70 Euro erhalten sie für den Schulbeginn, die restlichen 30 Euro bekommen die Familien im zweiten Halbjahr. Zusätzliche finanzielle Unterstützung gibt es auch für Ausflüge, die Mittagsverpflegung oder um bei Sport-, Musik- oder Tanzprogrammen teilnehmen zu können. Notfalls kann auch Unterstützung für Nachhilfeunterricht beantragt werden. Christine Mayr, Sozialpädagogin beim SOS-Kinder- und Familientreff Messestadt Ost, kennt diese finanziellen Sorgen. Vor ein paar Jahren wurde der Familientreff vom Elternbeirat der Grundschule an der Astrid-Lindgren-Schule auf das Problem mit den teuren Schulranzen angesprochen. „Heuer haben wir daher wieder unsere Schulranzenaktion“, so Mayr.

Schulranzenaktion im SOS-Familientreff

„Viele Schultaschen sind auch nach vier Jahren Grundschule immer noch gut erhalten und können an ein anderes Kind weitergegeben werden.“ Und oft sei es auch so, dass sich ein Kind an dem Motiv auf seinem Ranzen bereits als Drittklässler sattgesehen hat. Motive haben Verfallsdatum. „Spätestens aber mit Eintritt in die fünfte Klasse wollen viele eine neue Schultasche, meist einen Rucksack, haben“, so Mayr. Ein Erstklässler wiederum wünscht sich genau solch einen Ranzen, den unübersehbar ein Einhorn oder ein Dinosaurier ziert. Je mehr Familien eine Tasche, die ihr Kind nicht mehr trägt, abgeben, desto größer ist die Auswahl für die Schul-Neulinge. Wie in einem Geschäft auch können sich Kinder und ihre Eltern im SOS-Familientreff in der Messestadt einen Ranzen aussuchen, der passt und auch gefällt. Zudem gäbe es einen „geschützten Rahmen“, so Mayr. Und wer will, kann natürlich gerne auch gebrauchte Mäppchen oder Turnbeutel abgeben. Mayr freut sich, dass sie mit ihrer Aktion des Gebens und Nehmens einem künftigen Schulkind einen Schulranzen auf den Rücken setzen und den Eltern zumindest eine Last von den Schultern nehmen können.

Verena Rudolf

Schulranzenaktion:

Wer einen gebrauchten Schulranzen, der noch in einem guten Zustand ist, einem anderen Kind zur Verfügung stellten möchte, kann diesen am Freitag, 29. Juli, von 7.30 bis 8.15 Uhr beim Elternbeirat der Schule vor der Astrid-Lindgren-Schule in der Messestadt Ost abgeben. Es ist auch möglich, vom 25. bis 27. Juli jeweils von 9 bis 15.30 Uhr den Ranzen direkt im SOS-Kinder- und Familientreff an der Astrid-Lindgren-Straße 65 vorbeizubringen. An die neuen Besitzer werden Schulranzen von Montag, 1. August, bis Donnerstag, 4. August, jeweils von 9 bis 12 Uhr im Familientreff ausgegeben. Dieses ist telefonisch unter 24410363 zu erreichen.

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