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14 Fragen zum Gymnasium

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„Mit Zaudern und Zögern muss Schluss sein“: Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl sieht beim Neubau des Gymnasiums Kirchheim die Zeit zum Handeln endgültig als gekommen. © kn

Gut 88 Millionen Euro soll der Neubau des Gymnasiums Kirchheim kosten. Weit mehr als ursprünglich geplant. Wie kommt es zu dieser Steigerung, wofür wird das Geld genau ausgegeben, gibt es Alternativen? Zu diesen und anderen Fragen äußert sich Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl, derzeit auch Vorsitzender des Schulzweckverbands, im HALLO-Interview.

HALLO: Sie waren selbst Schüler am Gymnasium Kirchheim. Wie haben Sie das „GyKi“ in Erinnerung? 

Maximilian Böltl: Meine Schule war immer ein Ort der Geborgenheit. Die freundschaftliche, familiäre Atmosphäre hat uns alle zusammengehalten und getragen, wenn es mal nicht so rund gelaufen ist. Wir haben damals eine sehr enge Bindung zur Schule aufgebaut, die bei vielen auch erhalten geblieben ist. Wenn ich heute ins Gymnasium gehe, ist mein Kopf voller prägender Erinnerungen an diese Zeit.

Werden Sie Ihre Schule vermissen, wenn jetzt neu gebaut und der Bestand dann abgerissen wird? 

Natürlich – keinem ist die Entscheidung gegen eine Sanierung leicht gefallen. Wir haben das gemeinsam im Zweckverband mit verschiedenen Gutachtern sehr genau untersucht. Letztlich lagen die Kosten einer Sanierung nur hauchdünn unter den Kosten eines Neubaus. Damit war klar, dass der Neubau einfach wirtschaftlicher ist.

Was müsste denn konkret gemacht werden? 

Seit 2009 besteht Sanierungsbedarf. Die Fassade müsste komplett erneuert werden, eine energetische Sanierung wäre fällig. Ins Gebäude und in die Turnhalle tritt Wasser ein, der Brandschutz muss ertüchtigt, die gesamte Elektrik ausgetauscht und die Lüftungs- und Heizungsanlage erneuert werden. Übrig bliebe nur ein Gerippe. Oft wird übersehen, dass ein ganz erheblicher Teil der Kosten im Falle der Sanierung durch Erweiterungen anfällt, weil die jetzigen Einrichtungen viel zu klein sind: Etwa die Turnhalle und die Mensa, Fachräume für Kunst, Musik, Biologie und Chemie sind mit der Schülerzahl nie mitgewachsen. Es fehlen Freiflächen und Parkplätze. Für die Sanierung wäre eine Auslagerung in Container unausweichlich gewesen. Die Einschränkungen im Altbau hinsichtlich moderner Pädagogik blieben bestehen. All das hat zum Votum für den Neubau geführt.

Als der Zweckverband im Juli 2015 beschlossen hat, in Kirchheim ein neues Gymnasium zu bauen, wurden die Kosten mit 59 Millionen Euro veranschlagt. Jetzt soll das Projekt 88 Millionen Euro kosten. Wie kommt es zu dieser erheblichen Kostensteigerung?

Die damalige Schätzung ging von weniger Fläche aus, als wir jetzt tatsächlich zwingend brauchen. Hinzu kommt, dass die neue Berechnung in allen Kostenblöcken an die obere Grenze geht und die Risiken mit einem Zuschlag von 15 Prozent berücksichtigt sind. Diese Summe von rund elf Millionen Euro muss nicht unbedingt zum Tragen kommen. Es ist insgesamt deutlich Luft nach unten vorhanden und wir werden alle realisierbaren Einsparmöglichkeiten exakt prüfen. Wer behauptet, dass wir ein Luxusgymnasium planen, der sollte sich mit den Zahlen befassen und wird erkennen, dass die Räume, die wir im einstimmig beschlossenen Raumkonzept gefordert haben, auch gebraucht werden. Schule ist nicht mehr nur ein Halbtagsprogramm – Schule ist heute eine Lebenswelt für unsere Kinder. Für diese prägendste Zeit des Lebens brauchen wir ein angemessenes, funktionales Gebäude!

Wie setzen sich die Kosten für den Gymnasiums-Neubau genau zusammen? 

Aktuell belaufen sich die Prognosekosten auf bis zu 88 Millionen Euro für das gesamte Bauvorhaben. Also: Hauptgebäude mit allen Räumen und Mensa, Tiefgarage, Baunebenkosten, Risikozuschlag, Ausstattung, Turnhalle, Sportanlagen und Außenbereich. Allein die Turnhalle und die Sportanlagen sind mit 15 Millionen angesetzt. Der Zuschlag für verschiedene Risiken im Bau ist mit 11 Millionen in der Berechnung enthalten.

Sehen Sie noch Einsparungsmöglichkeiten? 

Die Ausstattung ging mit acht Millionen Euro in die Berechnung ein. Hier wurde noch nicht berücksichtigt, dass wir einen Großteil der bestehenden Ausstattung mitnehmen werden. Andere Potenziale stecken zum Beispiel in der Gebäudegeometrie und in der Fassade. Eins muss aber auch klar sein: Wir werden trotz hoher Kosten nicht den Fehler machen, erneut an den falschen Stellen zu sparen. Einen Baupfusch, wie bei der heutigen Schule, dürfen wir nicht zulassen! Das neue Gymnasium soll für viele Generationen von Kindern aus Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim ein Ort der Kreativität, des voneinander Lernens und der Geborgenheit sein.

Ist in den Planungen für das neue Kirchheimer Gymnasium eine mögliche Rückkehr zum G9 bereits berücksichtigt oder würden in diesem Fall weitere Kosten entstehen? 

Das ist der große Vorteil des Neubaus! Die vorgelegte, zukunftsfähige Planung erlaubt es uns, sowohl flexibel auf G8 und G9 zu reagieren, als auch auf die weiter steigenden Schülerzahlen. Bis zum Neubau in Aschheim müssen wir auf 1500 Schüler wachsen können. Danach wollen wir wieder auf 1200 reduzieren.

Wie haben Ihre Bürgermeisterkollegen aus Aschheim und Feldkirchen auf die Kostensteigerung reagiert?

Wir drei gehen zusammen mit den Zweckverbandsräten jeden einzelnen Schritt gemeinsam. Mir liegt volle Transparenz bei einem solch bedeutenden Bauwerk sehr am Herzen. Wir Bürgermeister waren uns deshalb einig, dass wir die neuen Kosten nicht hinter verschlossenen Türen diskutieren, sondern sofort offen und klar informieren. Einig sind wir uns auch darin, dass wir die Bildung unserer Kinder nicht länger kaputtsparen dürfen! Seit 2009 kennen wir die Lage. Jetzt ist die Zeit des Handelns! Wissen ist die einzige echte Ressource, die unser Land hat und die Lernumgebung ist für die Vorbereitung auf die Arbeitswelt ganz entscheidend. Bildung hat für uns absolute Priorität und mir fällt keine Haushaltsposition ein, die wichtiger sein könnte, als Investitionen für die Zukunft unserer Kinder. Wir haben uns miteinander viel Mühe mit dem pädagogischen Konzept und dem Raumprogramm gemacht. Die Beschlüsse zum Neubau waren bisher einstimmig. Wir ziehen mit der Schulfamilie an einem Strang!

Die Kosten werden vom Landkreis München, der Regierung von Oberbayern und den Zweckverbandsgemeinden Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim getragen. Wissen Sie bereits, wie hoch die Anteile für die jeweiligen Zweckverbandsmitglieder sind?

Die jeweiligen Anteile werden derzeit im zuständigen Landratsamt ermittelt. Auch darüber werden wir wieder ausführlich informieren. Diese Berechnung ist aber momentan nur vorläufig – abgerechnet wird später anhand der aktuellen Schülerzahlen und je nach Förderung durch die Regierung von Oberbayern.

Sind die Mitglieder trotz der Kostensteigerung an den Beschluss des Zweckverbands vom Juli 2015 gebunden oder könnten einzelne Mitglieder ihre Zustimmung verweigern? 

Die Beschlusslage ist absolut klar. Alle Beschlüsse für das Gymnasium wurden auf Grundlage sehr sorgfältiger Untersuchungen und umfangreicher Diskussionen gefällt. Natürlich könnten jederzeit andere Beschlüsse getroffen werden. Mit Zaudern und Zögern muss aber jetzt Schluss sein. Wir brauchen den Neubau und wir brauchen die zweite Schule in Aschheim.

Die Fertigstellung des neuen Gymnasiums ist für 2020/2021 geplant. Könnte die Kostensteigerung zu einer Verzögerung des Projekts führen?

Wir haben eine seriöse, höchst vorsichtige Kostenschätzung vorgelegt und sind sehr optimistisch, den Zeitplan einhalten zu können. Bedingung ist aber, dass wir nicht noch eine weitere Ehrenrunde für Grundsatzdebatten drehen, sondern jetzt kraftvoll anpacken, was beschlossen ist.

Das Gymnasium soll im neuen Ortspark, der im Zuge der Ortsentwicklung „Kirchheim 2030“ entsteht, errichtet werden. Über „Kirchheim 2030“ entscheiden die Bürger in einem Bürgerentscheid. Was passiert, wenn die Bürger die Planungen zur Ortsentwicklung ablehnen? Sind dann auch die Gymnasiums-Planungen hinfällig?

Ja, die derzeitigen Planungen für den Neubau des Gymnasiums wären dann obsolet, weil die vorgesehene Fläche nur im Zusammenhang mit der Baurechtsschaffung für Kirchheim 2030 zur Verfügung steht. Darauf haben wir immer hingewiesen. Man müsste dann einen neuen Standort suchen. Nicht nur aus diesem Grund hat Kirchheim 2030 überragende Bedeutung für unsere Gemeinde!

Zusätzlich zum Neubau des Gymnasiums Kirchheim plant der Zweckverband auch ein neues Gymnasium in Aschheim für 600 Schüler. Das soll nach derzeitigen Schätzung rund 60 Millionen Euro kosten. Glauben Sie, dass Zweckverbandgemeinden finanziell in der Lage sind, beide Projekte zu stemmen? 

Dieser Betrag ist nur eine erste grobe Hochrechnung. Wir werden aber das System der Finanzierung unserer weiterführenden Schulen im Landkreis nochmal auf den Prüfstand stellen müssen. Der Anteil des Landkreises sollte mit wachsenden Schülerzahlen ansteigen.

Das Gymnasium Kirchheim ist eine der besten Schulen Deutschlands. Sie hat in den letzten Jahren viele Auszeichnungen erhalten. Das alles in problembehafteten Gebäuden. Warum braucht es denn dann überhaupt einen Neubau? 

Die Leistung der Schulgemeinschaft in den vergangenen Jahren ist beeindruckend und verdient allerhöchsten Respekt. Das Gymnasium ist viel zu klein, zahlreiche Mängel beeinträchtigen Lehren und Lernen, Räume für ein modernes pädagogisches Konzept fehlen gänzlich. Und trotzdem: Die vielen Auszeichnungen belegen die außergewöhnlichen Anstrengungen von Schülern, Eltern und Lehrern. Unsere Schule ist zu Recht eine der besten in Deutschland. Diesem Anspruch muss nun auch das Gebäude endlich gerecht werden.  

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