Unfallzahlen steigen: Werden E-Scooter in München bald abgeschafft?

Die Zahl der Unfälle im Zusammenhang mit E-Scootern hat sich verdreifacht. Milbertshofener fordern in einer Bürgerversammlung die Abschaffung der Roller in ganz München. Die Kritikpunkte.
München - Es waren klare Worte, die der Milbertshofener Manfred Winklhofer in der Bürgerversammlung seines Stadtbezirks fand: „Ich beantrage, dass die Elektroroller im ganzen Stadtgebiet abgeschafft werden.“
Nicht nur, dass sich deren Fahrer oft rücksichtslos verhalten oder die Gefährte überall achtlos abgestellt würden. „Sie sind nicht einmal versichert. Wenn man also bei einem Zusammenstoß das kleine Kennzeichen des Rollers nicht erkennt, bekommt man kein Geld“, erklärte Winklhofer sichtlich verärgert.
Dass er damit den Nerv der anwesenden Anwohner getroffen hatte, bewies die Abstimmung über seinen Antrag: Mit großer Mehrheit stimmte die Versammlung für das Anliegen. Auch ein zweiter Antrag des Anwohners Wolfgang Glöckner für mehr Kontrollen der rücksichtslosen Rollerfahrer fand große Zustimmung.
Zahl der Unfälle hat sich verdreifacht
Beide Anliegen landen also demnächst beim örtlichen Bezirksausschuss zur Behandlung. Stimmt dieser zu, muss sich die Stadtverwaltung damit befassen.
Der Vorsitzende des BA, Fredy Hummel-Haslauer (SPD) versteht den Ärger grundsätzlich. „Die Roller schaffen teils 25 Stundenkilometer. Wenn man da mit einem Fußgänger zusammenstößt, kann das böse enden.“ Er selbst habe bereits mehrmals Beinahe-Zusammenstöße erlebt. Dennoch würde Hummel-Haslauer die Scooter nicht generell abschaffen.
„Man könnte auch über ein Tempolimit von beispielsweise 15 Stundenkilometer reden. Das würde die Sicherheit der Fußgänger deutlich erhöhen.“ Sollte es jedoch stimmen, dass die Roller nicht versichert sind, wäre das ein Unding.
„Manch einer stellt sein Gefährt auch mal auf Grünstreifen neben parkende Autos. Fällt der Roller dann um, muss klar sein, wer für den Schaden am betroffenen Auto haftet.“

Tatsächlich kommt es in diesem Jahr deutlich häufiger zu Verkehrsunfällen mit E-Scootern, wie Polizeihauptkommissar Alexander Hoschkara auf Hallo-Anfrage erklärt. Waren es zwischen Januar und September 2020 noch 78 Vorfälle, sind es im selben Zeitraum 2021 bereits 241.
In 186 Fällen wurden Personen leicht oder sogar schwer verletzt. Vor einem Jahr waren es nur 59. „Vielen Nutzern ist offenbar nicht bewusst, dass es sich bei den E-Scootern um keine Spiel- oder Sportgeräte, sondern um Kraftfahrzeuge handelt“, erklärt Hoschkara.
E-Scooter in München: Unfälle deutlich angestiegen - Polizei erinnert Nutzer an Regeln
Derzeit 11 700 E-Roller in ganz München
Häufig seien Ungeübtheit im Umgang oder Unklarheiten über die rechtlichen Gegebenheiten für Unfälle verantwortlich. „Der rasante Anstieg an Vorfällen im Zusammenhang mit E-Rollern wird seitens des Polizeipräsidiums München analysiert, um hier im Rahmen von Präventionskonzepten, vor allem im Bereich der Unfallursachen-Analyse, gegensteuern zu können“, erklärt der Polizeihauptkommissar.
Nach Angaben des städtischen Mobilitätsreferats befinden sich derzeit 11 700 E-Scooter von sechs Anbietern im Stadtgebiet. Diese Zahl werde jedoch erfahrungsgemäß, wie die letzten Jahre auch, in den Wintermonaten abnehmen, erklärt Rerefatssprecherin Christina Warta.
„Darüber hinaus lassen sich keine pauschalen Aussagen zu einer eventuellen Zu- oder Abnahme dieser Zahlen treffen.“ Derzeit bereite das Mobilitätsreferat einen Umsetzungsbeschluss für sogenannte Shared-Mobility-Angebote – also selbst gefahrene aber gemeinsam genutzte Verkehrsmittel wie Mietautos, -räder und -roller – vor. „Ziel dabei ist vor allem ein flächendeckendes Angebot im gesamten Stadtgebiet“, sagt Sprecherin Warta.
Warta betont auch, dass auch die mietbaren E-Scooter in München haftpflichtversichert sein müssen: „Jeder E-Tretroller ist versicherungspflichtig, dies gibt schon die Elektrokleinstfahrzeugeverordnung vor. Jedes Fahrzeug muss über ein gültiges Versicherungskennzeichen verfügen.“ Auch auf der Website des ADAC wird das bestätigt: „E-Scooter dürfen laut EU-Verordnung vom 15. Juni 2019 im Straßenverkehr teilnehmen und benötigen ebenfalls wie Segways eine Versicherung.“
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