Bei der Personalgewinnung berät Stefan Levko von „Recruting-Helden“ klein- und mittelständische Unternehmen im Raum München. „Arbeitgeber müssen flexibler werden, zum Beispiel beim Homeoffice. Und: Es wird ohne Zuwanderung nicht gehen.“ Anfragen aus dem Bereich IT-Administration lehne er mittlerweile ab. „Der Markt in München ist stark umkämpft und leer.“
Damit in München wieder mehr Fachkräfte arbeiten, müssten sich laut den Verbänden die Rahmenbedingungen ändern. Neben guten Löhnen sei die Tarifbindung entscheidend, sodass keine Bezahlung abseits der ausgehandelten Verträge mehr möglich sei. „Der Lohn entscheidet darüber, wo man arbeitet“, erklärt Tim Lünnemann, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) in der Region München. Eine heftige Auseinandersetzung erwartet Isidoro Peronace, Geschäftsstellenleiter München der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, bei den Verhandlungen mit der Bahn. Ab März seien auch Streiks möglich.
Um die Wende zu schaffen, brauche es Fachkräfte aus dem Ausland – mit einem fairen Einwanderungsgesetz. „Wir müssen die Arbeitskräfte aus dem Ausland schützen“, erklärt Burger.
Die teuren Lebenshaltungskosten spielen bei dieser Entwicklung eine große Rollen, besonders die hohen Mieten. Daher der Appell von Burger: „Die Zeit, um wieder Werkswohnungen zu bauen, ist jetzt.“
Mehr Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt sei laut Verbänden ebenso elementar wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – für Frauen und Männer. „So simpel es klingt: Qualifizierung und Bildung für alle“, erklärt Simone Burger, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes München.
Das Renteneintrittsalter zu erhöhen wird in der Diskussion über den Fachkräftemangel immer wieder ins Spiel gebracht. „Die Rente mit 70 ist keine Lösung“, erklärt Burger. Es brauche gute Arbeitsbedingungen, die es ermöglichen, länger zu arbeiten. Aber: „Welche Berufsgruppen können bis 70 arbeiten?“, fragt Burger und verweist auf körperlich fordernden Arbeiten. „Für alle anderen ist die Rente mit 70 eine Rentenkürzung, da sie mehr Abschläge in Kauf nehmen müssen.“
In der Landeshauptstadt arbeiten aktuell 939 542 Beschäftigte – davon 26 Prozent in Teilzeit. 164 368 Beschäftigte sind 55 Jahre und älter, was einem Anteil von 17,5 Prozent entspricht. Zwischen 15 und 25 Jahren sind 8,7 Prozent, sprich 81 498 Beschäftigte. Am stärksten wächst der Bereich Information und Kommunikation: 8447 Beschäftigte mehr als im Vorjahr. Beim Sozialwesen, bei Erziehung und Wissenschaft sowie dem Gesundheitswesen kamen jeweils rund 1350 hinzu. Beim von Corona stark betroffenen Gastwesen gibt es ein Plus von 3235 – aber nicht alle Stellen sind besetzt.
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