Günter Keller (SPD) hat 40 Jahre aktiv miterlebt. „Damals gab es einen Schriftführer aus dem Kreis der BA-Mitglieder, der das Protokoll in seine Schreibmaschine tippte“, erinnert sich der Vorsitzende des BA Sendling-Westpark. Heute sei man durch Geschäftsstellen und feste Mitarbeiter deutlich besser aufgestellt. Was Keller lobt, reicht nach Ansicht vieler Vorsitzender aber längst nicht mehr. 15 von 22 angefragten BA-Chefs betonen, dass die Geschäftsstellen unterbesetzt seien.
„Zwar kann der laufende Betrieb sichergestellt werden, aber für weitergehende Aktivitäten, wie den verstärkten Austausch mit Bürgern jenseits der Sitzungen, sind keine Kapazitäten da“, sagt etwa Sebastian Weisenburger (Grüne, Untergiesing-Harlaching). Das koste vor allem Zeit – die viele der ehrenamtlichen Mitglieder neben ihrem Beruf nicht hätten, mahnt Wolfgang Kuhn (SPD, Moosach).
Die Münchner BAs feiern ihr 75-jähriges Jubiläum. Im Zuge dessen sprechen die Viertel-Chefs aus Münchens Mitte, dem Osten, dem Westen, dem Süden, dem Norden und dem Nordwesten mit Hallo über ihrer Gremiumsarbeit.
Neben verstärkten Geschäftsstellen brauche es laut Markus Lutz (SPD, Sendling) eine Reform: „München muss dezentraler verwaltet werden, wie in Berlin und Hamburg. Die Stadtbezirke sollten aufgeteilt werden in vier bis fünf größere Bezirke mit eigenem Bürgermeister.“
Fredy Hummel-Haslauer (SPD, Milbertshofen-Am Hart) wäre dafür: „Die Belastung der BA-Mitglieder ist in den vergangenen Jahren signifikant gestiegen. Wenn das weitergeht, muss das ein Vollzeit-Job werden.“
Sibylle Stöhr (Grüne, Schwanthalerhöhe) sieht das Problem auch, gibt aber zu bedenken: „Das ist ein Manko, das über die Gemeindeordnung verändert werden müsste.“
Andere fordern erweiterte Kompetenzen: „Es wäre sinnvoll, wenn wir mehr letztendliche Entscheidungen zu bestimmten Themen hätten, wie über Fahrradwege, Freischankflächen oder Straßenbenennungen“, findet etwa Gesa Tiedemann (Grüne, Schwabing-West). Einig sind sich alle: Es besteht Besserungsbedarf.
Derzeit seien in den Geschäftsstellen nur zwei von 31,5 Stellen unbesetzt, erklärt ein Sprecher des Direktoriums auf Hallo-
Anfrage. Neben einer zugeteilten Person pro BA gebe es also pro Geschäftsstelle „mindestens eine Teamassistenz“.
Auch prüfe man wegen eines fraktionsübergreifenden Stadtratsantrags, wie Geschäftsstellen und die BA-Abteilung im Direktorium verstärkt werden können, ergänzt der Sprecher. Er bestätigt Stöhrs Bedenken: „Die Erweiterung des Aufgabenfeldes der Vorsitzenden im Hinblick auf das Amt eines ‚Bezirks-Bürgermeisters’ setzt eine Änderung der Bayerischen Gemeindeordnung voraus.“ Diese müsse der Landesgesetzgeber veranlassen.
Einen fixen Plan für die 75-Jahr-Feier der BAs gibt es nicht – aber Ideen. Die Vorsitzenden aus Moosach und Schwabing-Freimann etwa sprechen von einem gemeinsamen Wiesnbesuch aktueller und ehemaliger Mitglieder samt Stadtspitze – also rund 1000 Personen. Das Direktorium wollte auf Hallo-Anfrage mit Blick auf das Infektionsgeschehen keine feste Aussage treffen.
Quelle: www.hallo-muenchen.de