Das Warten hat (k)ein Ende

München - In München herrscht Hausarzt-Mangel, obwohl es eigentlich genug gäbe. Hallo hat sich das Problem genauer angeschaut
Die Situation in München ist paradox: Obwohl stadtweit gesehen eine Überversorgung mit Hausärzten herrscht, verschärft genau dieser Umstand den Hausarzt-Mangel in einigen Vierteln. Wieso das so ist? Das hat Hallo München anlässlich des Weltgesundheitstags unter dem Motto „Flächendeckende Gesundheitsversorgung“ am Samstag, 7. April, genauer beleuchtet.
Fakt ist: Stadtweit gibt es in München 1177 Hausärzte. Bezogen auf die 1,53 Millionen Einwohner kommen somit auf einen Hausarzt nur 1296 Patienten. Vorgesehen ist eigentlich eine Quote von 1700 Patienten je Hausarzt. Problem: Während in Vierteln wie beispielsweise der Altstadt eine drastische Überversorgung herrscht – hier kommen statistisch auf einen Hausarzt nur 201 Patienten (siehe unten) – sieht es beispielsweise in Hadern mit knapp 2300 Patienten je Hausarzt ganz anders aus. Weil München aber in der „Bedarfsplanungsrichtlinie“ als ein einziger Planungsbereich behandelt wird, werden neue Praxen aufgrund der Überversorgung nicht zugelassen.
Einzige Ausnahme: Die Nachbesetzung von bestehenden Praxen. „Das Problem ist nur, dass innerhalb eines Planungsbereichs für Vertragsärzte vom Grundsatz her Niederlassungsfreiheit herrscht“, erklärt Birgit Grain (Foto: KVB), Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns mit Sitz in München.Bedeutet: Ein Arzt kann zwar eine Praxis in Hadern übernehmen, jedoch später beispielsweise in die Altstadt umziehen. „Wir versuchen zwar genau das zu verhindern, doch spätestens vor Gericht haben wir dann keine Chance mehr“, bedauert Grain.
Abhilfe soll ein neues Gutachten schaffen
Gerade für Ältere oder sozial Schwächere ist das ein Problem. Sie können nicht eben mal in der Mittagspause einen Arzt in der Innenstadt aufsuchen – zumal der Hausarzt ja häufig dann gebraucht wird, wenn es einem nicht wirklich gut geht. Abhilfe erhofft sich Grain von einem wissenschaftlichen Gutachten, das neue Zahlen in Sachen Bedarf bringen, und noch diesen Sommer veröffentlicht werden soll. Anschließend diskutiert der „Gemeinsame Bundesausschuss“ – das oberste Beschlussgremium der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen – die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung. „Die gültige Bedarfsplanung beruht noch auf Zahlen aus den 90ern. Wir hoffen, dass es künftig unter anderem eine kleinräumigere Planung der Bereiche geben wird“, sagt Grain.
Auch für Kinderärzte könnte es Änderungen geben
Umzüge ans andere Ende der Stadt wären dann nicht mehr möglich. Auch für Kinderärzte könnte es Änderungen geben. „Denn in der aktuellen Planung sind viele mittlerweile vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen und der damit verbundene Zeitaufwand nicht berücksichtigt“, sagt Grain. Welchen Stellenwert die Münchner Gesundheitsreferentin Stephanie Jacobs dem Thema einräumt, konnte Hallo nicht in Erfahrung bringen. Sie fand weder telefonisch noch per E-Mail Zeit, sich zu äußern. Bei aller Kritik am Ist-Zustand betont Grain aber auch eines: Im Vergleich ist es um die Münchner Versorgung gut bestellt: „Es gibt in Bayern auch echte Unterversorgung – beispielsweise in Ansbach oder Ingolstadt Süd.“
Marco Litzlbauer
So ist die Hausarztversorgung in den Vierteln
Stadtviertel | Einwohner je Hausarzt |
Altstadt-Lehel | 201 |
Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt | 628 |
Au-Haidhausen | 1025 |
Maxvorstadt | 1075 |
Laim | 1154 |
Bogenhausen | 1161 |
Schwabing-Freimann | 1272 |
Sendling | 1277 |
Neuhausen-Nymphenburg | 1299 |
Schwanthalerhöhe | 1321 |
Aubing-Lochhausen-Langwied | 1324 |
Untergiesing-Harlaching | 1334 |
Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln | 1357 |
Allach-Untermenzing | 1449 |
Schwabing-West | 1458 |
Pasing-Obermenzing | 1594 |
Ramersorf-Perlach | 1703 |
Trudering-Riem | 1791 |
Berg am Laim | 1958 |
Obergiesing-Fasangarten | 2015 |
Moosach | 2049 |
Feldmoching-Hasenbergl | 2051 |
Sendling-Westpark | 2086 |
Milbertshofen-Am Hart | 2220 |
Hadern | 2284 |