Tradition ist ihr Geschäft
Münchner Hoflieferanten einst und heute
MÜNCHEN Dallmayr, Ludwig Beck, Kaut-Bullinger, Develey-Senf – große Namen, die in München jeder kennt. Und diese Firmen haben eines gemeinsam: Als Bayern noch von den Wittelsbacher Monarchen regiert wurde, belieferten sie den Hof mit Delikatessen, Stoffen oder Schreibwaren. Etwa 750 Firmeninhaber durften sich mit dem prestigeträchtigen Titel des „königlich bayerischen Hoflieferanten“ schmücken. Die Historikerin Marita Krauss, Professorin für Bayerische Landesgeschichte an der Universität Augsburg, zeichnet jetzt in ihrem im Volk Verlag erschienen Buch die wechselhafte Geschichte der Hoflieferanten nach. Nicht nur bayerische Unternehmen bekamen den Titel nach einem Bewerbungsverfahren und der Zahlung einer Gebühr von der Hoftitelkommission verliehen. Bis zu 15000 Mark konnte die Bewilligung kosten. Könige und Prinzregenten ließen sich auch mit Cognac aus Frankreich oder echtem Kölnisch-Wasser beliefern. „Der Titel war ein Qualitätssiegel“, sagt Krauss. Es gab aber auch Gewerbe, die von Hoftiteln ausgeschlossen waren, wie aus einem Protokoll der Kommission von 1874 hervorgeht – dazu gehörten neben Pfandverleihern und Badern auch die Bierbrauer. Nur Familienbetriebe konnten Hoflieferanten werden. Das sei einer der Gründe dafür, dass viele Unternehmen das Ende der Monarchie, Kriege und Wirtschaftskrisen überstanden haben, glaubt Krauss, die in ihrem Buch 13 Firmenchroniken nachzeichnet. Unternehmen wie der ehemalige Hofschlosser Moradelli oder Werkzeugmacher Meiller haben sich in Zeiten der Globalisierung zu modernen Industrieunternehmen und Global Playern gewandelt. Anderen, wie dem Hofschlosser August Mettin, brachte der Titel kein Glück. Er bekam von König Ludwig II. keine Aufträge und musste seine Firma zusperren, nur sechs Jahre nach Verleihung des Hoftitels. Wieviele der vormaligen Hoflieferanten heute noch bestehen, lasse sich nicht genau nachvollziehen. „Aber es wundert mich selbst, wie viele dieser exklusiven Firmen alle Herausforderungen überstanden haben“, sagt Marita Krauss. „Dazu gehört schon sehr viel Zähigkeit.“ Andreas Raith