Soziale Schere auf dem stillen Örtchen
Wund
erbar, es geht voran mit der Renovierung: langsam aber immerhin schon etwas sichtbar – wenigstens für mich mit viel Fantasie! Nun möchte ich auch mein WC schön gestalteten, denn einige Armaturen sind in den letzten Jahrzehnten so dermaßen verbeult und ausgeleiert worden, dass es einer grundlegenden Erneuerung dringend bedarf. So ist’s auch mit dem Klopapierhalter, der ist endgültig hinüber. Also ab ins Kaufhaus und rein in die Badezimmerabteilung. Die Auswahl an Klorollenhaltern ist eher übersichtlich, und schnell sehe ich das Objekt, das in mein WC passen könnte. Ich schau auf den Preis, und da trifft mich fast der Schlag: Schlappe 529 Euro. Erst dachte ich, vielleicht habe ich ein Kommazeichen übersehen und der kostet 52,90 Euro, was ich auch schon ziemlich viel Geld für eine Scheißpapierabreißhilfe finde. Nein, ich habe mich nicht geirrt, denn es handelt sich um ein Designerstück! Ja, geht’s eigentlich noch? Für den Betrag kann ich mir einen Lieferwagen handgeklöppeltes Bioklopapier vom Basic und sage und schreibe zwei Lieferwagen voll Klopapier vom Aldi besorgen. Die einen kommen mit Hartz IV über den Monat, die anderen leisten sich einen Klopapierhalter für 529 Euro ohne ein Arschbackenzucken! Ist dieser preissstarke Klorollenhalter ein deutliches Zeichen der immer weiter auseinander klaffenden sozialen Schere? Okay, er wäre eine einmalige Anschaffung, vielleicht sogar das einzige Stück, das nach 20000 Jahren von Altertumsforschern als Überbleibsel unserer Epoche gefunden wird. Ich hoffe, dass dann kein Preisschild mehr dran ist, denn das wäre mir echt peinlich – nachträglich noch! Petra Perle