Ein Rezept für die Pflege: Die Kernpunkte des Streitthemas und Lösungsansätze

In München herrscht Pflegenotstand – allein im Städtischen Klinikum gibt es 80 offene Stellen.

Die Haunersche Klinik musste wegen Mangel an Pflegepersonal jüngst sogar die Notaufnahme abmelden. Erste Reaktionen kommen von Münchenstift und der Münchner AWO, die mit einem Einstiegsgehalt von 3000 Euro werben. Baustellen und Lösungsansätze im Überblick:

• Bezahlung: Siegfried Benker (Foto li.), Geschäftsführer von Münchenstift: „Dank des neuen Tarifvertrages ist eine höhere Bezahlung von Pflegekräften möglich.“ Dieser Feststellung schließt sich Axel Fischer, Chef des Städtischen Klinikums, an: Das Geld für höhere Gehälter wäre im System vorhanden.
• Wertschätzung: Eine neu ausgerichtete Ausbildung soll das Ansehen in der Gesellschaft steigern. Stefanie Johnen vom Bildungszentrum für Pflege, Gesundheit und Soziales München setzt dafür auf die generalistische Ausbildung. „Dadurch wird das Arbeitsfeld breit gefächert und die Pflege kann im EU-Vergleich Stand halten.“ Elfriede Retzer von der Berufsfachschule im Klinikum Dritter Orden sieht die Politik in der Pflicht: „Durch die Ablehnung der Pflegekammer wird die nötige Anerkennung verweigert.“ Pflegekammern übernehmen die Selbstverwaltung des Berufsstands und öffentliche Aufgaben in dessen Interesse.
• Zufriedenheit: „Nur 22 Prozent sprechen der Geschäftsführung ihr Vertrauen aus“, sagt Ingrid Seyfarth-Metzger vom Verein „Bürger für unser Münchner Stadtklinikum“. Mit seinem Sanierungsplan vertreibe das Städtische Klinikum das Personal. Dabei beruft sie sich auf eine Mitarbeiterbefragung von 2017. Dem widerspricht Pressesprecher Raphael Diecke, da laut einer aktuellen internen Umfrage mehr als zwei Drittel des Personals zufrieden mit der Zusammenarbeit seien und Spaß bei der Arbeit haben.
• Attraktivität des Berufs: „Mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, Kinderbetreuung, Werbe-Prämien und Wohnungen für Mitarbeiter soll die Arbeit attraktiver werden“, so Diecke. Auch Münchenstift möchte mit Kampagnen ihre Suche nach Pflegefach- sowie Pflegehilfskräften intensivieren. Laut stellvertretender Schulleiterin Stefanie Johnen sind Aufstiegsmöglichkeiten, ein guter Personalschlüssel und eine gute Fachkräftequote essenziell für dieses Ziel.
• Fazit: Was muss sich ändern? Pflegeexperte Claus Fussek (Foto re.) ist sich sicher: „Es ist ein Kampf ohne Gegner.“ Daher ist seine Lösung für Forderungen wie mehr Gehalt und Ansehen: „Sie müssen sich gewerkschaftlich organisieren, damit sie ihre Interessen besser vertreten und durchsetzen können.“Sabina Kläsener