Gemeinsam helfen – mit Zeit, Kreativität und Mut
Neues Projekt: Schwabinger Student will zu sozialem Engagement motivieren
Schwabing Die eisigen Temperaturen locken derzeit nur wenig Leute vor die Tür. Doch manchen bleibt nichts anderes übrig. Bei Wind und Wetter harren sie draußen aus – die Obdachlosen unter Münchens Brücken. Bei einem Isar-Spaziergang an einem bitterkalten Wintertag hat Marcus Ubani an diese Menschen gedacht: „Ich konnte mir nicht vorstellen, wie man in der Kälte überleben kann“, sagt er. In diesem Moment stand für ihn fest: „Ich will helfen.“ Der Anstoß für ein großes Projekt: Der 29-jährige Schwabinger rief die „Active Life Community“ ins Leben – eine Gemeinschaft, in der sich Gleichgesinnte zusammentun, um sich zu engagieren. „Hilfsorganisationen gibt es viele“, erklärt der Student der Wirtschaftswissenschaften. „Oft geht es dabei aber um reine Spendenakquise. Bei uns darf man sich nicht freikaufen können“, erklärt er das Konzept. Heißt: Der wohltätige Spender muss selbst aktiv werden. Hilfe leistet er hier nicht mit Geld. Vielmehr sind es Zeit, Engagement, Kreativität und manchmal auch Mut und Überwindungskraft, die gefordert sind – so wie bei Ubanis erster Aktion, die er und seine Freunde gestartet haben: An der Reichenbachbrücke verteilten sie Decken und warme Kleidungsstücke an die Bedürftigen. „Es war schon komisch, weil wir ja nicht wussten, wie die Menschen reagieren“, so der Student. Doch das Unternehmen war erfolgreich – ein Beweis für Ubani, dass man gemeinsam viel mehr erreichen kann als allein: „Ich denke, die Einstiegsbarriere ist sehr hoch. Wer würde sich allein schon an die Brücke stellen?“ Stimmt. Zusammen geht es leichter. Und darauf beruht letztlich auch das Konzept der Internet-Plattform: Die Nutzer können ihre Projekte vorstellen und auf diese Art Leute gewinnen, die ebenfalls mitmachen möchten. So entstehen Netzwerke. „Dabei muss nicht immer die Hilfe für Andere im Vordergrund stehen“, betont Ubani. Ein Fußballtor für den Sportplatz in Schwabing, ein Proberaum für die Bands aus der Altstadt – Gleichgesinnte treffen sich auf lokaler Ebene. Vorerst soll sich das Projekt in München etablieren, doch die Ausweitung auf andere Städte oder gar Länder ist geplant. „Das ganze soll nach dem Schneeballprinzip funktionieren“ – die Verbreitung von Freund zu Freund, von Kollege zu Kollege. Auf Mund-zu-Mund-Propaganda, die etwa den Lokalisten, Studivz oder Facebook zu durchschlagendem Erfolg verholfen hat, baut auch Marcus Ubani. Hinzu kommt der Einsatz für die gute Sache. Selbstvermarktung und den Druck auf die Tränendrüse möchte er allerdings vermeiden: „Das Mitleid muss raus aus den Köpfen der Leute. Menschen, denen es schlecht geht, wollen Verständnis, kein Mitleid.“ Weitere Vorgaben macht er nicht. Er habe die Idee gehabt, die Organisation liege in den Händen der Nutzer. Doch ein wenig Starthilfe für das neuartige Konzept wird nötig sein. Deshalb hat Ubani schon die nächste Idee: „Wir planen ein Tafelprojekt.“ Münchner Restaurants, die mitmachen, hat er bereits gewonnen. Daniela Schmitt