Freundliche Helfer oder Rechtsradikale?

Auch in München haben sich zwei Bürgerwehren formiert – Polizei und Kreisverwaltungsreferat sehen das „ausgesprochen kritisch“. Ein Administrator hat mittlerweile schon das Handtuch geworfen!
Sind es nun tatsächlich einfach freundliche Helfer, die vor allem Frauen in Not zur Seite stehen – oder doch eher Rechtsextreme, die unter dem Deckmantel einer Bürgerwehr durch die Stadt marschieren und das Gesetz in die eigene Hand nehmen wollen? Fakt ist: In den vergangenen Tagen haben sich – wie bereits in anderen Städten – auch in München zwei Bürgerwehren über das Internet formiert. Über deren genaue Pläne weiß man zwar noch relativ wenig, dennoch beobachten sowohl Kreisverwaltungsreferat (KVR) als auch Polizei beide Gruppierungen genau. „Wir als KVR sehen das ausgesprochen kritisch“, sagt KVR-Sprecherin Daniela Schlegel. Polizeisprecher Werner Kraus betont: „Für die Sicherheit ist die Polizei verantwortlich. Wir brauchen keine selbsternannten Hilfs-Sheriffs.“
Genau das befürchten die Beamten: Bürger, die im Ernstfall das Gesetz selbst in die Hand nehmen. „Dabei haben diese Bürgerwehren keinerlei Rechte. Sobald sie Platzverweise oder ähnliches aussprechen, machen sie sich der Amtsanmaßung und Nötigung schuldig“, so Kraus.
Man wolle jedoch weder patrouillieren noch das Recht in die eigene Hand nehmen, betonte Roland Huber noch vor kurzem gegenüber Hallo München. Der 46-Jährige war Initiator der Facebook-Gruppe „Münchner helfen Münchner". „Unsere Idee hat nichts mit ‚Streife gehen‘ zu tun, Frauen der Gruppe können sich, wenn sie sich beispielsweise auf dem Heimweg unsicher fühlen, von einem anderen Gruppenmitglied nach Hause bringen lassen.“ Die Ereignisse von Köln seien zwar der Anlass zur Gründung gewesen, dennoch habe die Aktion nichts mit Flüchtlingsfeindlichkeit oder rechten Gesinnungen zu tun. „Politische Einstellungen bleiben außen vor“, sagte Huber im Hallo-Gespräch.
Mittlerweile hat Huber jedoch sein Administratoren-Amt niedergelegt und distanziert sich von der Gruppe: "Es sind ein Haufen Rechts- und Linksorientier in dieser Gruppe. Der eigentliche Gedanke scheint komplett verloren!" Die Meinungen und Tendenzen in einer Gruppe seien auch für den Administrator kaum zu kontrollieren. "Das ist mir zu stressig und aufwändig", erklärte er mittlerweile. Deshalb ist er aus der Gruppe ausgetreten. Eine neue möchte er auch nicht eröffnen - er befürchtet eine ähnliche Verselbstständigung wie in der alten Gruppe.
Marcus Buschmüller von der Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München (Aida) teilt gewissermaßen die Ansicht Hubers. Die Verlinkungen und Kommentare auf der Facebook-Seite würden eindeutig auf rechtes Gedankengut hinweisen. So seien nicht nur vor allem Vertreter von Berufsgruppen wie Security-Mitarbeiter, Türsteher und Bikerclubs vertreten, sondern auch Akteure von Pegida München, der Rosenheimer Rechtsextremist Peter M. und Katrin Oertel, die früher Pegida Dresden angehörte. „Das zeigt, wer sich von so etwas angesprochen fühlt“, sagt Buschmüller.
Ähnlich sieht das Katharina Schulze, die innenpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen: „Schon wer die öffentlich zugänglichen Posts in den jeweiligen Facebook-Gruppen verfolgt, kann die fremdenfeindliche und letztlich auch staatsfeindliche Stoßrichtung einiger Akteure erkennen.“ Die zweite Gruppe, „Bürgerwehr München“ möchte sehr wohl patrouillieren und hatte für Samstag, 23. Januar, erste Spaziergänge angekündigt.