Unterhaching: Bekannte Schauspielgröße spielt in „Tod eines Handlungsreisenden“ im Kubiz

Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“ wird am Freitag, 24. Januar, im Kubiz aufgeführt. Hauptdarsteller ist der bekannte Schauspieler Helmut Zierl. Wie sehr ihm die Rolle am Herzen liegt, erzählt er im Gespräch.
Unterhaching – „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ – dem amerikanischen Traum vom kleinen Mann, der es durch harte Arbeit zum großen Geld schafft, sind seit Beginn des 20. Jahrhunderts schon viele gefolgt. Doch nur die wenigsten schaffen es.
Der amerikanische Schriftsteller Arthur Miller beschrieb 1949 in seinem Drama „Tod eines Handlungsreisenden“ das Schicksal eines Mannes, der an dieser Vorstellung scheitert und verzweifelt den Schein zu wahren versucht.
Das Werk handelt von Willy Loman, einem Menschen, der in einer profitorientierten Gesellschaft zum Verlierer wird und sich eine Lebenslüge aufbaut, an der er am Ende zerbricht. Mit Millers Kritik an Profitgier und Materialismus wirkt das Stück, das mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde, heute aktueller denn je.
Das Euro-Studio Landgraf führt das Drama am Freitag, 24. Januar, um 20 Uhr im Kubiz in Unterhaching auf. In der Hauptrolle des Willy Loman ist der bekannte Fernsehschauspieler Helmut Zierl zu sehen.
Der gebürtige Schleswig-Holsteiner begann seine Karriere am Hildburg Frese Schauspielstudio in Hamburg und spielte danach bei der Landesbühne Hannover und dem Thalia Theater in Hamburg. Seit Anfang der 1980er-Jahre war er in über 70 Fernsehfilmen als Hauptdarsteller zu sehen und insgesamt an mehr als 300 Produktionen beteiligt. 2017 feierte er mit „Tod eines Handlungsreisenden“ Premiere, am 14. Januar diesen Jahres fand die Wiederaufnahmepremiere statt.
Das Stück wurde mit drei Preisen ausgezeichnet, unter anderem erhielt Zierl für seine Darbietung den INTHEGA-Preis. Vor der Aufführung in Unterhaching konnte HALLO mit dem Schauspieler sprechen. Im Interview erzählt der 65-Jährige, worin sich die Arbeit bei Film und Theater unterscheiden und was er mit der Figur Loman gemein hat.
Herr Zierl, Sie sind derzeit mit „Tod eines Handlungsreisenden“ auf Tournee und jeden Tag in einer anderen Stadt. Wie lebt es sich auf Tour?
In erster Linie ist es anstrengend. Abends spielt man, dann geht es zurück ins Hotel. Am nächsten Morgen wieder Koffer packen, in die nächste Stadt fahren, ein paar Stunden Ruhe, dann spielt man wieder. Und man ist permanent auf der Suche nach Essen.
Wieso das?
Wenn wir nachmittags ankommen, sind die Küchen geschlossen, abends spielen wir und nach dem Stück sind die Restaurants auch schon wieder zu. Deshalb ernährt man sich sehr schlecht auf Tour. Da gibt es auch mal den Abend an der Hotelbar mit einem Pfund Erdnüssen und zwei Bier.
Haben Sie überhaupt noch Lampenfieber, wenn Sie jeden Abend auf die Bühne treten?
Ja! Das bleibt immer. Es ist 20 Uhr, der Vorhang öffnet sich und man denkt immer nur mit großem Gottvertrauen: Mal gucken, ob wir durchkommen. Es kann ja alles passieren.
Was ist denn schon Unvorhergesehenes passiert?
Dass Technik ausfällt oder ein Betrunkener im Publikum sitzt. Oder, dass mal ein Schauspieler einen totalen Blackout hat und scheinbar gar nichts weiter geht. Aber irgendwie retten wir uns immer wieder, man muss nur improvisieren. Und dann bemerkt oft das Publikum gar nichts, weil es denkt, das gehört dazu. Es ist immer ein echtes Abenteuer. Das ist ein großer Unterschied zum Film.
Inwiefern?
Beim Film gibt es den Perfektionismus des Drehens und der Kamera. Im Zweifelsfall kann man alles wiederholen. Auf der Bühne ist das gesprochene Wort einfach draußen, man hat nur einen Versuch.
Wofür schlägt Ihr Herz dann mehr, Film oder Theater?
Ich kann mich da wirklich nicht entscheiden. Ich komme ja vom Theater, das hat mich sehr geprägt. Die Arbeit mit der Kamera bedeutet mir aber genauso viel. Der Minimalismus, oft genügt schon ein Blick und erzählt dann viel mehr als Worte. Ich liebe beide Arbeitsweisen und hab‘ das große Glück, beides machen zu können.
Wie unterscheidet sich die Vorbereitung zwischen einer Theater- und einer Filmrolle?
Beim Theater ist es wesentlich textintensiver. Beim Film kommt es auf die Rolle an. Wenn man einen Staatsanwalt spielt, der ein Plädoyer hält, ist das natürlich viel Text und man lernt schon mal vor. Aber generell dreht man von einem Tag auf den nächsten. Auf der Bühne muss man den gesamten Text des Stückes draufhaben. Man arbeitet mit größeren Gesten und spricht wesentlich lauter. Beim Fernsehen ist alles reduzierter. Aber auf die Charaktere muss man sich in beiden Fällen gleich einlassen. Da bereite ich mich dann eher innerlich vor und setze mich früh mit dem Thema des Stückes auseinander, besonders wenn ich Charakterrollen spiele. Willy Loman ist zum Beispiel vom Schwierigkeitsgrad her ziemlich hoch.
Spielen Sie lieber den Helden oder den Antagonisten?
Früher hab‘ ich viele Liebhaberrollen gespielt, aber das sind in der Regel eher die langweiligeren Rollen. Und die hab‘ ich nun auch lange genug gespielt. Die Charakterrollen sind jetzt eigentlich das, was mich nach 45 Jahren als Schauspieler motiviert, weiterzumachen. Willi Loman ist eine große, klassische Charakterrolle. Ich bin sehr dankbar, diese Rolle spielen zu dürfen. Ich bin damals selbst mit der Idee an das Euro-Studio Landgraf herangetreten und habe dort offene Türen eingerannt.
Wieso liegt Ihnen das Stück so am Herzen?
An der Schauspielschule habe ich die Rolle von Lomans Sohn Biff einstudiert. Mit den Jahren habe ich irgendwann realisiert: „So, jetzt bist du reif für den Vater!“ (lacht) Der ist im Stück 63 Jahre alt, das war ich dann auch genau, als wir angefangen haben.
Ist für Sie wie für Loman materieller Erfolg der Weg zum Glück?
Ich komme aus einem Polizistenhaushalt, also aus eher bescheidenen Verhältnissen. Als freiberuflicher Schauspieler ist es schon wichtig, wirtschaftlich vorzusorgen. Es gibt immer gute und schlechte Zeiten. Aber Materialismus ist weiß Gott nicht der Weg zum Glück. Ich höre da meine Mutter immer sagen „Geld allein macht auch nicht glücklich“ – und da hat sie Recht gehabt.
Sie haben drei Söhne großgezogen. Haben Sie versucht – wie Loman – ihre Kinder dazu zu drängen, in Ihre Fußstapfen zu treten?
Nein, ich wollte ihnen da nichts vorschreiben. Es geht schließlich um ihre eigenen Interessen und Begabungen. Das sollten die Kinder selbst entscheiden. Die Jungs haben natürlich auch die negativen Seiten meines Berufes gesehen. Gerade in den 90ern, als sie noch klein waren, war ich wirklich sehr viel unterwegs. Wenn ich aber zu Hause war, dann auch für mehrere Wochen oder sogar Monate. Aber das haben sie vielleicht eher verdrängt oder anders wahrgenommen.
Wie sind Sie selbst zur Schauspielerei gekommen?
Dass ich Schauspieler wurde, ist ein riesiger Zufall. Ich bin mit 16 von der Schule geflogen, daraufhin hat mich mein Vater zu Hause rausgeworfen. Dann war ich drei Monate per Anhalter in Belgien und Holland unterwegs. In Amsterdam bin ich dann gestrandet und habe dort viele wegweisende Sachen erlebt mit Sekten, Drogen etc. Das, was ich damals erlebt habe, war eigentlich viel zu viel für eine noch so junge Seele. Ich habe gerade ein Buch über diese Zeit geschrieben, das im Herbst erscheinen wird. Als ich damals nach Deutschland zurück kam, hat mir ein Freund von seiner Schauspielidee erzählt. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, das wäre vielleicht auch das Richtige für mich.
Hatten oder haben Sie Vorbilder, was die Schauspielerei betrifft?
Erst als ich auf der Schauspielschule war, hab‘ ich begriffen, was Theater- und Schauspielkunst überhaupt ist. Wenn es so etwas wie ein Vorbild für mich gab, dann vielleicht Dustin Hoffman, dessen Filme ich immer sehr mochte.
Hoffman spielte 1985 selbst in der Verfilmung von Volker Schlöndorff Willy Loman und erhielt dafür einen Golden Globe. Hatten Sie Respekt vor diesen großen Fußstapfen?
Nein, gar nicht, weder Respekt noch Angst. Jeder hat seine eigene Handschrift. Ich wusste, dass ich diese Rolle spielen kann. Es ist überflüssig, sich da mit anderen zu vergleichen. Ich habe mir auch bewusst Hoffman in dieser Rolle nicht vorher angesehen. Ich habe einfach versucht, das mit meiner eigenen Fantasie und Persönlichkeit auszufüllen… Wir haben drei Preise für diese Inszenierung bekommen. Das spricht doch für sich.
Interview: Iris Janda
„Tod eines Handlungsreisenden“ wird am Freitag, 24. Januar, um 20 Uhr im Kubiz an der Jahnstraße 1 in Unterhaching aufgeführt. Tickets gibt es zu 19 Euro (ermäßigt 16 Euro) unter 66 555 316, tickets@unterhaching.de, bei der Gemeindebücherei am Rathausplatz 11 oder über www.muenchenticket.de und www.reservix.de.
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