Organisatorin Sabine Rubin über die Tücken und Freuden der Münchner St.-Patrick’s-Day-Parade

Die größte St.-Patrick‘s-Day-Parade auf dem europäischen Festland steigt in München. Die Chef-Organisatorin hat Hallo die Herausforderungen und Freuden der Orga erklärt.
München ‒ Eigentlich ist sie Fachkrankenschwester für Intensiv und Anästhesie in Weilheim. Aber seit 1996 lebt Sabine Rubin auch ihre Sehnsucht nach der Grünen Insel aus: Sie organisiert die Münchner St.-Patrick’s-Day-Parade. Und das, obwohl sie keine familiären Beziehungen zu Irland hat.
Heuer findet – mit drei Jahren Verzögerung – die 25. Ausgabe statt. Sie führt am Sonntag, 12. März, von der Münchner Freiheit bis zum Odeonsplatz. Wie immer gibt es Live-Musik, Food-Trucks und Party ohne Ende. Zwischen 13 und 18 Uhr ist auch OB Dieter Reiter mit von der Partie, wenn die legendäre „Ceili“-Band zum Tanz bittet. Rubins größte Enttäuschung: Als vor drei Jahren die komplett durchorganisierte Parade wegen der Corona-Pandemie ausfallen musste. Seither ist die Organisation schwieriger geworden, denn sowohl Mitarbeiter als auch Geldgeber sind abgesprungen. Warum Rubin jetzt erst recht anpackt, welche Rolle die Ludwigskirche bei der Parade spielt und was der Brexit für Auswirkungen für die Insel hat, verrät sie im Interview von A bis Z.
Sabine Rubin (57), Chef-Organisatorin der St. Patrick’s-Day-Parade, von A bis Z
Aufgabe: Meine ist es, die St. Patrick’s-Day-Parade zu organisieren, Gruppen zu finden, die Aufstellung zu gestalten, so, dass alle möglichst zufrieden sind.
Brexit hat starke Auswirkungen auf die Republik Irland. Der frühere Botschafter, Michael Collins, meinte, die Iren suchten wegen ihm eine engere Bindung an Deutschland.
Corona war ein Desaster. Wir hatten die Parade vor drei Jahren schon komplett vorbereitet. Einige Sponsoren haben sich zurückgezogen. Das merkt man zum Beispiel an weniger Werbegeschenken, die wir verteilen können.
Delikatessen sind das Irish Stew und Fisch. Die Iren haben aber kulinarisch schon sehr aufgeholt.
EU: Die Iren sind gern ein Teil Europas. Sie haben mit dem „Celtic Tiger“ viel Geld bekommen und Autobahnen gebaut.
Festival gibt es in München seit 1996. Da hatten ein paar Iren die Idee, den Tag zu feiern, weil sie ihre Heimat vermissten und den Münchnern ihre Kultur nahebringen wollten. Es finanziert sich rein durch Spendengelder.
Grüne Insel ist immer wieder geheimnisvoll. Jedes Mal, wenn ich rüberfliege, krieg ich ein komisches Gefühl. So etwas wie Heimat.
Hungersnot hat die Insel lang geprägt. Aus der Zeit kommt die Spendenfreudigkeit der Iren. Das Bewusstsein: Uns ging es mal sehr schlecht.
Irland bedeutet für mich Gelassenheit, Fröhlichkeit, aber auch Melancholie. Das spiegelt sich ja auch in den Liedern und der Musik wider.
Jesus wird in Irland immer unwichtiger. Auch durch die vielen Missbrauchs-Aufdeckungen. Als ich 1983 das erste Mal in Irland war, waren die Kirchen, auch unter der Woche, noch proppenvoll.
Keltische Gruppen sind für die Parade schwer zu bekommen. Manche verlangen Geld, was für uns nicht machbar ist.
Ludwigskirche: Schön finde ich, dass dort am Samstag, 11. März, ab 18 Uhr beim Gottesdienst der Chor des Pestalozzi-Gymnasiums, irische Musiker und Opernsänger auftreten werden. Die Kirche wird geschmückt, aber nicht üppig, weil ja Fastenzeit ist.
München hat die größte Parade auf dem europäischen Festland. Darauf sind wir sehr stolz. Hier wohnt eine relativ große irische Gemeinde. Und die Bayern und Iren sind sich in einigen Dingen sehr ähnlich – sie lieben Bier, Tradition, Feiern und die Natur.
Nobelpreisträger für Literatur kommen viele aus Irland. Das liegt wohl an der Insellage. Man ist abgeschottet und so hat sich das „Storytelling“, das Geschichten erzählen, etabliert.
Organisation: Ich bin das ganze Jahr über aktiv. Ich freue mich immer über neue Gruppen. Die finde ich im Internet oder in Zeitungen. Ich bin neugierig und schreibe die Leute einfach an. Vergangenen Oktober hatte ich für heuer die ersten Zusagen. Ich vergleiche es mit meinem Job als Intensiv-Krankenschwester. Es ist viel Arbeit. Mittlerweile bin ich die einzige Deutsche. Alle anderen sind Iren und Australier. Aber ich freue mich immer, wenn die Leute Spaß haben.
Patrick ist der Namensgeber des Ganzen. Die meisten Leute wissen nicht, wer er war: nämlich ein katholischer irischer Geistlicher, der missioniert hat. Es ist schade, dass es oft nur ums Trinken geht.
Quintessenz des Festivals ist das friedliche und fröhliche Miteinander.
Randaliert wird gar nicht. Noch nie. Natürlich trinken manche ein bisschen viel, die sind dann aber eher lustig.
Shamrock: Der irische Glücksklee spielt eine wichtige Rolle, weil laut Legende St. Patrick den Iren damit die Heilige Dreifaltigkeit erklärt hat. Er wird auch gesegnet und ich hoffe, es denkt jemand daran, ihn aus Irland mitzubringen, denn er ist viel kleiner als unser Klee hier. Wenn nicht, müssen wir schummeln.
Tradition ist den Iren sehr wichtig. Allein schon durch die Musik und die Literatur.
Uisce ist gälisch für Whiskey. Die Schreibweise unterscheidet sich vom schottischen. Bei der Parade 2023 wird zum ersten Mal eine Whiskey-Gruppe mitmachen.
Veränderung: Es mag den Anschein haben, als wäre die Parade Münchens zweiter Fasching. Das habe ich nicht so gern. Ich sehe es eher als Multi-Kulti-Fest. Wir sind immerhin der zweitgrößte Umzug nach dem Oktoberfest.
Wiedervereinigung vom Norden und der Republik wird immer wieder diskutiert. Ich würde sie mir wünschen. Aber es könnte sein, dass es dann wieder zu Unruhen kommt.
X-mal wollte ich die Organisation schon aufgeben. Man macht und macht. Aber letztendlich überwiegt die Freude. Und man macht dann doch immer wieder weiter.
Yes: Gerade in diesem Jahr, wo wir so viele Leute in der Organisation und viele Sponsoren verloren haben, muss man sagen: Wir ziehen das durch.
Zukunft: Die Iren haben die gleichen Ängste wie wir. Es wird alles teurer. Ich hoffe, dass wir es schaffen, die Zukunft gut zu bestreiten. Die Iren sind beispielsweise in der IT-Branche sehr gut ausgebildet.
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