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Oktoberfest 2022: Wirt Peter Reichert über seine Premiere mit der Bräurosl und die zwei Verträge vor der Corona-Wiesn

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Von: Marie-Julie Hlawica

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Neu-Wiesnwirt Peter Reichert freut sich riesig auf die Wiesn im September.
Neu-Wiesnwirt Peter Reichert freut sich riesig auf die Wiesn im September. © Marie-Juli Hlawica

Neu-Wiesnwirt Peter Reichert kann es kaum erwarten mit seinem Bräurosl-Zelt Ende September Wiesngänger zu bewirten. Mit Hallo hat er über Verträge, das Donisl und Bier gesprochen.

Zum ersten Mal ist Peter Reichert (54) heuer als großer Wiesnwirt auf dem Oktoberfest mit dabei: Die legendäre Bräurosl in der Wirtestraße ist nun das Zelt des Gastronoms, für das sich der gelernte Koch bereits 2021 beworben hatte und das ihm von der Paulaner-Brauerei anvertraut wurde.

Jetzt, nach zweijähriger Corona-Pause, mitten im Aufbau vor dem Anstich am Samstag, 17. September, pendelt Reichert permanent zwischen seiner Wohnung in der Graggenau hinterm Hofbräuhaus, seinem Gasthaus Donisl am Marienplatz und der Bräurosl auf der Theresienwiese hin und her.

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Dass der gebürtige Ebersberger zuvor „Die Schönheitskönigin“ auf der Oidn Wiesn führte, somit kein totaler Wiesn-Neuling ist, kommt ihm zugute. Welche Besonderheiten seine Gäste heuer in der Bräurosl auf den insgesamt 8000 Innen- und Außenplätzen erwarten können, wie er als Wiesnwirt den Überblick über Zelt, Gasthaus, Personal und Familie behält und warum ihm auch die Musik der Kapelle so wichtig ist, verrät er hier von A bis Z.

Peter Reichert (54), Donisl- und frischgebackener Wiesn-Wirt, von A bis Z

Absage: Für mich ist es völlig unrealistisch, dass die Wiesn heuer abgesagt wird. Wenn doch… hamma alles schon für 2023 vorbereitet.

Bedienungen, Köche, Schankkellner, Hendlbrater, Souvenirverkäufer: Alle 400 Stellen sind besetzt. Ich habe sogar Personal weitervermittelt. Die Dirndl sind bestellt: kein Jodelstil, sondern sehr schön, schwarz mit dunkelroter Schürze, die Männer tragen graue Laiberl. Zwei Tage vor Anstich ist die Schulung aller Teams.

Corona: Hatte ich, aber ganz komisch: Statt meinen Geschmack zu verlieren, hatte ich eine Geschmacksexplosion! Das hätte ich gern behalten. Der billigste Rotwein schmeckte wie ein Jahrhunderttropfen. 

Donisl: Mein Münchner Wirtshaus vernachlässige ich zur Wiesnzeit nicht. Heuer veranstalten wir Innenstadtwirte ja auch die Wirtshauswiesn. Im Donisl spielt täglich live ‚Blech nach Acht‘ und ab 22 Uhr ein DJ bis nachts um zwei.

Ebersberg ist für mich da, wo ich herkomme, aus einer Volksfest-Familie. Mit neun habe ich Kohlen in den Ofen vom Gasthof geschaufelt, mit 15 beim Volksfest meinem Opa bei der Hendlbraterei geholfen und Hendl aufgespießt. Dann habe ich kochen gelernt.

Fahrgeschäfte: Na, da findet man mich nie, ich fahr einfach nix gern. Ich gehör einfach ins Zelt – oder besuche meine Wirte-Kollegen.

Gay Sunday: Der bleibt selbstverständlich in der Bräurosl und wird – genauso wie immer – ausgelassen! Heuer geht es am 18. September ab 9 Uhr im Zelt los. (Der Gay-Sunday ist der Wiesntag der Münchner Homosexuellen-Szene, Anm.d.Red.)

Hirschlederne habe ich drei, na, vier: Das ist für mich als Wirt mein Arbeitsgwand. Aufstehen, reinschlupfen, Hemd und Joppn an. Fertig.

Irrtum ist, dass der, der einen Wiesnwirt kennt, egal ob Anstich oder samstags, immer einen Platz im Zelt bekommt. Bei mir wird reserviert – per E-Mail. Was anderes fang ich gar nicht erst an. Rund 6000 Anmeldungen gibt es schon, das sind etwa 80 000 Gäste, montags bis mittwochs ist noch was frei.

Jodeln – so wie die Bräurosl zuvor – kann ich nicht. Gott sei Dank für die Zuhörer. Aber ich spiele Trompete und im Zelt auch mal mit, sicherlich auch mal ein Trompeten-Solo. Dann natürlich den Trompeten-Klassiker: Il Silenzio, von Nini Rosso, aus dem Jahr 1964.

Kapelle Josef Menzl: Das sind 17 Musikanten im Bräurosl-Schiff mittendrin. Dass die bei mir spielen, ist für mich eine Ehre! Ich habe Menzl vor 20 Jahren das erste Mal in Straubing gehört. Seine Art, Volksmusik zu interpretieren, das ist meine Musik, die Art und Weis, die ich mag und pflege.

Lieblingsbier ist für mich tatsächlich unter allen Brauarten das Wiesnbier, mit seinen sechs Prozent Alkoholgehalt. Das schmeckt mit dem hohen Anteil an Stammwürze so vollmundig, eines ist besser wie das andere – fast egal von welcher Brauerei.

Maximal trink ich an einem Wiesntag zwei, drei Pfiff. Also insgesamt einen halben Liter, keine Maß. Als Wirt brauchst du einen klaren Kopf.

No-Go für mich auf der Wiesn ist, dass man zu wenig trinkt und noch hungrig vom Biertisch aufsteht!

Obacht gebe ich bei der Speisekarte. Ich bin Koch und achte darauf, dass die Produkte nicht nur regional sind, sondern das Fleisch aus guter Aufzucht kommt. Die Bräurosl-Spezialität ist mittags das Münchner Voressen: Hechtenkraut, Kronfleisch, Lüngerl, Kesselfleisch, Hendl, Weißwürste. Abends gibt es Tomahawk-Steaks, das Stück circa ein Kilo.

Privatleben in der Wiesnzeit – mei, das sind 17 Tage, da denk ich nur: Wiesn. Wenn meine Ehefrau Gerda und meine Familie mich sucht, findet sie mich dort. Meine Tochter Vroni arbeitet in der Bräurosl mit! Da freu ich mich drüber.

Qual der Wahl gab es bei den 17 Bewerberinnen zur Bräurosl! Die heuer neu amtierende Bräurosl-Patronin reitet beim Wiesneinzug und -umzug auf einem Kaltblüter mit.

Radl muss ich zur Wiesnzeit leider daheim stehen lassen, obwohl ich in der Graggenau wohne: weil Räder auf der Wiesn verboten sind – auch für uns Wirte. Einen Autostellplatz gäbe es, aber da ist es billiger, wenn ich mit dem Taxi fahre. Oder der Tram!

Schuhe: Ich trag Haferlschuhe oder einen „Weber Schuh“. Der schaut aus wie ein normaler Geschäftsschuh, ist aber innen aufgebaut wie für einen Marathonläufer. Damit renn ich von 7 bis halb 12 nachts auf der Wiesn umher.

Tradition ist für mich die Hebfeier zur TÜV-Abnahme des Zelts. Zum Dank an alle, die bei Zeltplanung und -aufbau beteiligt waren und sind. Das ist meine Stabübernahme, Mitte August. Tradition ist auch, dass es im Bierzelt keinen Kaffee gibt!

Uli Pletschacher hat die Bräurosl dem Original nach mit Fotovorlagen aus 1913 nachgebaut. Die Zeltfarbe ist grün, alles schaut historisch aus, ist aber vom Tank über die Bierleitungen, Elektrik oder die Bänke und Tische komplett neu.

Vertrag mit uns Wiesnwirten: Da gibt es heuer zwei: einen für den Aufbau, einen zum Betreiben. Der wird erst fünf Tage vor der Wiesn unterschrieben.

Wiesnhit: Den kennen nur die Gäste. Und wir ihn alle am Ende der Wiesn! 

X-trem wichtig ist für mich, dass ich auf der Wiesn alle Mitarbeiter im Auge hab. Ich war auch beim ganzen Aufbau dabei, weiß, wo was steht.

Yokohama: Gerhard Polt hat einmal gesagt: Die ham uns die Wiesn-Plätze aus Japan weggefaxt! Nein, unsere Gäste sind von überall her. Aus München, Straubing, Norddeutschland oder Übersee.

Zelt: Gefällt mir riesig: Es ist stolze 15 Meter hoch, mit Schild ragt es 16 Meter in die Luft. Es gibt einen umlaufenden Balkon, eine Süd-Loggia und Blick auf die Bavaria. Dazu ist zwischen den Bänken mehr Platz: zehn Zentimeter, bei gleicher Personenzahl. Und das wird die Frauen freuen: Es gibt mehr Toiletten. 

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