Der Leiter des Wasserwirtschaftsamts über Hochwasser, Energie und Münchner Wasserqualität

Er ist ein echter Experte für Wasser und sein Potenzial: Stefan Homilius ist Chef des Wasserwirtschaftsamtes und hat mit Hallo unter anderem über Hochwasser gesprochen.
München ‒ Bei den derzeitigen Hochwasser-Lagen ist seine Expertise sehr gefragt: Der neue Chef des Wasserwirtschaftsamts Stefan Homilius hat nicht nur beruflich viel mit Wasser zu tun, er verbringt auch gerne seine Freizeit am kühlen Nass – zum Beispiel beim Canyoning. In Dresden hat der gebürtige Chemnitzer Bauingenieurwesen mit der Vertiefung „Konstruktiver Wasserbau“ studiert.
Die Liebe verschlug ihn an die Isar ins Wolfratshauser Land, wo er seit 2005 mit Frau und Kindern lebt und inzwischen schon recht ordentlich Bairisch spricht. Verschiedene Stationen, zum Beispiel im Hochwasserschutz beim Bayerischen Umweltministerium, brachten ihn schließlich an die Spitze der Münchner Behörde, die er jetzt auch offiziell leitet.
Stefan Homilius (44), Leiter des Wasserwirtschaftsamtes, von A bis Z
Abwasser: Viele Milliarden sind in Bayerns Kommunen im Untergrund vergraben. In den Erhalt von Kanälen sowie in Kläranlagen muss viel investiert werden, auch um neue Schadstoffe herauszufiltern.
Bäche: Dafür kann man jedes Kind begeistern. Mit meinen beiden Kindern gehe ich oft an Bächen entlang wandern oder in Gumpen baden. Bäche sind wichtig für den Landschaftswasserhaushalt. Wir haben in Bayern 100 000 Kilometer Fließgewässer, davon sind 92 000 Kilometer Bäche.
Chlor ist das Element des Teufels – hat mir mal jemand gesagt. Viele Verbindungen, die mit Chlor zusammenhängen, sind problematisch für die Umwelt. Nicht umsonst benutzt man es zur Desinfektion.
Deiche sind nach wie vor wichtig für den Hochwasserschutz, obwohl manchmal gesagt wird, Deiche wären von vorgestern. Wir sollten aber manche versetzen, weil es sinnvoll ist, den Gewässern mehr Raum zu geben.
Energie aus Wasser hat zwar manchmal Nachteile für die Umwelt, ist aber insgesamt eine nachhaltige Form, Strom und Wärme zu gewinnen.
Fische: An den Fischen kann man sehen, ob es einem Gewässer gut geht oder nicht. Wir tun alles dafür, den Lebensraum für sie zu verbessern.
Grundwasserwärmepumpe: Ein sinnvoller Beitrag zur regenerativen Energiegewinnung. Allerdings muss man aufpassen, wie tief man bohrt, denn der Grundwasserspiegel schwankt.
Hochwasserschutz ist eine unserer Hauptaufgaben. Er hat mich schon mein ganzes Berufsleben lang beschäftigt. Man muss dabei an verschiedenen Hebeln ansetzen und sich – je nach Ausgangslage – fragen: Nützt hier Renaturierung oder eher ein Deich oder etwas anderes. Am besten ist es immer, erst gar nicht so nah an Gewässern zu bauen. Aber die Leute interessieren sich oft nur für Hochwasser, wenn es gerade eines gibt.
Isar bedeutet ja „die Reißende“. Die Isar ist ein Wildfluss, der früher mal weit verzweigt war. Dies sieht man heute aber nur noch im Oberlauf. In München hat man sie im Zuge des Isarplans wieder renaturiert – jetzt ist sie ein wahres Vorzeigeprojekt.
Jagd: Damit habe ich selber gar nichts am Hut. Aber ich habe einen Kollegen, der gerne auf die Jagd geht und mir öfter mal Rehfleisch mitbringt.
Kalk kenne ich aus meiner sächsischen Heimat nicht, da sieht der Wasserkocher nach 100 Jahren noch aus wie am ersten Tag. An sich ist das hiesige Wasser aus den Kalkalpen ja sehr gut – nur nicht für die Waschmaschine.
Lebensraum: Eines der wichtigsten Ziele, das der Gesetzgeber vorgibt, ist den Lebensraum für Tiere und Pflanzen am und im Wasser zu erhalten und zu entwickeln. Das hat für uns einen sehr hohen Stellenwert.
Mangel: Wassermangel ist gerade ein sehr aktuelles Thema. Weltweit. In Süd-Bayern mussten wir uns lange nicht damit befassen, weil wir eigentlich ein sehr wasserreiches Gebiet sind und zum Beispiel den Sylvensteinspeicher als Wasserreservoir haben. Doch auch wir leiden vermehrt unter trockenen Jahren. Das merkt man deutlich am Grundwasserspiegel.
Notfall: Der Standard-Notfall ist, dass giftige Stoffe ins Wasser gelangen. Zum Beispiel, wenn bei einem Autounfall der Tank ausläuft, oder bei Fällen von Fischsterben. Unsere Leute rücken dann sofort aus.
Oase: Gerade hatte ich einen Workshop darüber, wie man vor dem Hintergrund der steigenden Hitze Oasen in der Stadt schafft. Das gelingt beispielsweise durch Trinkbrunnen und Bäume.
Pegelstände beobachten wir regelmäßig und werten sie aus. Im Hochwasserfall haben sie eine besondere Bedeutung, denn damit sagen wir die Entwicklung voraus.
Qualität: Da wurde in der Vergangenheit viel Geld investiert. Wir haben in Bayern mit das beste Wasser überhaupt und wir müssen dafür sorgen, dass das auch so bleibt. Das bedeutet, dass wir regelmäßig kontrollieren. Zum Beispiel, dass nicht so viele Düngemittel ins Grundwasser gelangen.
Randstreifen: Es gab ja das Volksbegehren „Rettet die Bienen“, bei dem sich die Bevölkerung dafür ausgesprochen hat, Lebensraum für Insekten zu erhalten. Indirekt profitieren auch die Gewässer davon. Jetzt wachsen dort wieder Bäume, die Flüsse und Seen beschatten und sie vor Erosionen schützen.
Schwimmbäder sind meiner Meinung nach nur wegen der Energiekosten kritisch, nicht weil sie zu viel Wasser verbrauchen. Sie werden ja höchstens einmal im Jahr neu befüllt.
Tiefgaragen: Wenn man die falsch baut, kann es zu erheblichen Problemen mit dem Grundwasser kommen. Es können sogar die Keller der Nachbarhäuser feucht werden.
Ueberschwemmung ist grundsätzlich nichts Schlechtes. Wenn Auen oder Ufer überschwemmt werden, gehört das dazu. Sie werden erst zur Gefahr, wenn zu nah an den Fluss gebaut wurde.
Vorwarnzeit: Bei großen Flüssen wie der Donau weiß ich schon eine Woche vorher, wie das Hochwasser kommt. Bei Wildbächen ist nach einem Gewitter schnell alles überschwemmt.
Wehr: Die Wehre versorgen zum Beispiel die Wasserkraftanlagen, aber für die Umwelt ist ein Rückbau der Wehre besser. Wenn ein Rückbau nicht möglich ist, hilft eine Fischtreppe.
X-mal gehört: „Würde man alle Flüsse renaturieren, gäbe es kein Hochwasser mehr.“ Stimmt aber nicht. Mit der Gewässerbegradigung hat man vor 150 Jahren angefangen, aber davor gab es auch schon Hochwasser.
Yacuzzi: Ich habe in meinem Garten ein großes Badefass. Das sprudelt zwar nicht, ist aber im Sommer ganz angenehm.
Zisternen oder Regenauffangbecken sind ganz wichtig heutzutage. Jeder sollte sie haben. Wir können viel Grundwasser sparen, wenn wir das Wasser vom Dach sammeln. Manche Leute nutzen es in ihren Eigenheimen inzwischen sogar schon für die Klospülung.
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