Wie viel Experimentierfreude darf man dem Münchner Gaumen zumuten?
Ich denke sehr viel. München hat ein sehr aufgeschlossenes Publikum. Die Münchner reisen auch sehr gerne, nicht nur nach Italien. Wenn man zum Beispiel meine Frühlingsrollen nimmt: Das ist Strudelteig, das ist Weißkraut, Radieserl, grüner Spargel. Das ist mein Twist. Wenn ich, wie in den vergangenen zwei Jahren, nicht die Möglichkeit habe, zu reisen, hole ich mir die Welt auf den Teller. Das kann man auf jeden Fall zumuten.
Es gibt seit vielen Jahren zahlreiche Shows, regelmäßig neue Kochbücher. Ist die Begeisterung so ungebrochen, weil das Thema Essen so essenziell ist?
Hinterm Kochen steht das ganz große Wort Lebensmittel. Unsere Ernährung ist das A und O, das Zentrum. Je besser ich mich ernähre, desto besser fühle ich mich. Bei mir kommt das Kochbuch als Begleitung zur Sendung. So können sich die Menschen Ideen holen. Ich bin kein Fan davon, Rezepte eins zu eins nachzukochen. Man kann die Beilagen oder Ähnliches auch untereinander tauschen. Ich blättere gerne durch die Bücher von Kollegen, weil es aufschlussreich ist. Ich bin wahnsinnig neugierig, mach das nicht, um Trends hinterherzulaufen, sondern zu begreifen.
Sie haben bald Geburtstag – wenn Sie sich zu diesem Anlass ein Gericht wünschen dürften, welches wäre es?
Ich kann das auf einen Ort reduzieren. Es gibt in Spanien eine Gegend, die bekannt ist für die Bandbreite ihrer Küche und für eine überragende Qualität an lokalen Produkten, rund um die Stadt San Sebastián. Für mich das kulinarische Highlight in Europa. Ich liebe es, da zu essen, die ganzen Pinxtos, wie die Tapas dort heißen in den vielen kleinen Läden der Stadt, aber auch in der Sterneküche bei den ganz großen Kollegen essen zu gehen.
Auch dieses Jahr?
Nein, ich schaffe es aus beruflichen Gründen nicht, da wie in vielen Branchen Mitarbeitermangel herrscht. Die Gastronomie hat schwer zu kämpfen, da braucht es jede Hand. Und man weiß ja gerade beim Reisen nicht, ob und wann man überhaupt heimkommt.
Man fragt sich schon, wo diese Menschen hin sind, die vorher zum Beispiel in der Gastro gearbeitet haben.
Manche haben durch Corona vielleicht gesehen, dass es auch mit weniger Arbeit geht, sie mehr reisen wollen. In der Gastro, generell im Handwerk, waren wir in den vergangenen Jahren auch nicht so sehr Arbeitnehmerorientiert. Da kommt noch hinzu, dass die Gastro einen schlechten Ruf hat, dass man nur für das Trinkgeld arbeitet. Das hat aber auch damit zu tun, dass die Gäste nicht bereit sind, mehr für das Essen auszugeben. Wenn du die Qualität haben möchtest, kostet das Geld. Und wenn der teure Mitarbeiter hinzukommt, ist man bei einem Wiener Schnitzel bei 40 Euro. Das will man nicht mehr bezahlen. Was aber im europäischen Ausland gang und gäbe ist. Und da zahlen sie es auch.
Wie geht es weiter?
Ich suche seit einem halben Jahr qualifizierte und engagierte Mitarbeiter, die ihren Beruf gerne ausüben und den Kontakt zu Gästen schätzen, finde aber leider niemanden, wie so viele von uns derzeit.
Hallo München verlost Bachmeiers neues Kochbuch „In der Welt daheim“.
Im elterlichen Betrieb absolvierte Hans Jörg Bachmeier, geboren am 21. Juli 1966 in Eggenfelden, seine Kochlehre. Auf dem Weg zum eigenen Restaurant arbeitete er 1988 bei Heinz Winkler im Tantris und von 1989 bis 1991 im Kurhausstüberl bei Alfons Schuhbeck in Waging am See. Nach einem Zwischenstopp bei Fritz Schilling im Feinkost Käfer, leitete Bachmeier von 2004 bis 2020 sein eigenes Restaurant „Blauer Bock“ in München. Seitdem betreibt er in der Westenriederstraße das „Bachmeier“.
Im BR kocht er seit zehn Jahren unter dem Titel „Einfach. Gut. Bachmeier“. Doch nicht nur dafür stand er vor der Kamera, sondern auch für Ringlstetter, „Fraueng’schichten“ und „Der Beischläfer“, was ihm Spaß gemacht hat: „Nach vielen Staffeln meiner Show dachte ich, so schlimm kann es nicht sein, wenn ich mich mal anders zeige.“
Bachmeier wohnt in Bogenhausen.