TV-Star Bernhard Hoëcker über Kinderbücher, positives Denken und seine Verbindung zu München

Ob „Switch“, „Genial daneben“ oder „Wer weiß denn sowas?“: Der 52-Jährige beweist seit Jahren ein Gespür für erfolgreiche TV-Formate. Nach München kommt er aber wegen eines Katzenhuhns. Was es damit auf sich hat und warum er trotz weltweiter Krisen ein Optimist bleibt...
Herr Hoëcker, man kennt Sie hauptsächlich als Ratefuchs bei Kai Pflaume in „Wer weiß denn so was“. Was hat Sie dazu bewogen, zusammen mit Ihrer Frau die Fabel „Das Katzenhuhn“ zu schreiben?
Der Verlag kam auf uns zu, nachdem wir unser letztes Kinderbuch geschrieben hatten. Und nachdem wir auf einem Bauernhof leben, hat sich diese Geschichte mit „Timme“, der auf dem Heuboden einen Katzenumhang findet, so nach und nach entwickelt.
Sind Kinder ein kritisches Publikum?
Nun, wenn ich Erwachsenen ein Buch vorlese, heißt es manchmal: Der Gag war jetzt nicht so gelungen, aber die Idee war gut. Erwachsene sind toleranter. Kindern ist das wurscht. Wenn die sich langweilen, werden sie unruhig, fangen an, sich auf dem Boden zu wälzen oder quatschen miteinander. Erwachsene haben mehr Spaß an Beschreibungen und eine unfassbare Geduld. Bei Kindern ist das nicht so, das entspricht sehr stark der Comedy. Da geht es ohne Umwege direkt zur Sache. Das macht Spaß, gezwungen zu werden, sich auf das Wesentliche zu fokussieren.
Ihr Huhn „Timme“ ist ein Retter in allen Lebenslagen. Wie kam es zu der Idee, es durch ein Katzenfell zum unverletzbaren Guttier zu machen?
Wir haben selbst Hühner, die durch den Garten laufen. Ganz ehrlich: So ein Huhn kann nur wegrennen und picken. Die Vorstellung, dass aus solch einem Tier ein Held wird, hat eine besondere Magie. Als wir dem Huhn gedanklich diesen Katzenumhang umgezogen haben, stellten wir beide fest, dass eine unfassbar große Welt aufgeht: Es kann den Hof verlassen, kann klettern, springen und rennen. Man sieht, wie sich der Nebel verzieht und Abenteuer überall am Horizont erscheinen.
Wie wichtig ist es denn überhaupt, Kindern Geschichten zu erzählen? Haben sie eine tröstende Funktion?
Sie haben vor allem eine intime Funktion. Erwachsene lesen in der U-Bahn, auf dem Klo. Wenn man Kindern etwas vorliest, ist es immer eine Beziehung. Man sitzt auf dem Sofa, hat eine Decke über dem Knie und kuschelt. Oder man liest den Kindern auf einer langen Autofahrt vor. Vorlesen hat eine besondere Magie. Dazu kommt: Je früher Kinder merken, dass Literatur die Fantasie anregt, desto bereiter sind sie später, selbst zu lesen. So entwickelt sich die Fantasie. Das ist, was der Mensch braucht.
Wie kann man denn heutzutage nach Corona inklusive Schulschließung, Klimawandel und Krieg noch ein positives Denken vermitteln?
Wir sollten auf unsere Kinder gucken, wieder positives Denken lernen. Denn das Erwachsenwerden ist einfach nur eine Ansammlung von Konjunktiven. Sowohl „hätte ich doch“ als auch „man müsste“. Kinder dagegen sind im Hier und Jetzt. Sie nehmen sich einen Stock, mit dem sie als Einhorn durch das Wohnzimmer reiten. Die denken nicht daran, dass sie sich den Kopf anhauen könnten. Dieser Optimismus, einfach anpacken und machen, ist wunderbar. Wir Ältere können eher was von den Kindern lernen.
Sie bemerken also keinerlei Abstumpfung bei den Kindern?
Ich persönlich merke es nicht, weiß aber, dass durch Corona die Eltern ihre Sorgen und Ängste auf die Kinder übertragen haben. Wenn Kinder sich dann schwach fühlen, finden sie vielleicht ihren persönlichen Katzenumhang. Ob das ein Trikot ist und sie Lust haben, Sport zu machen, oder ein Instrument, um zu musizieren, eine Abenteuerhose, mit der sie in den Wald gehen. Das sind alles Dinge, die aus unseren Kinderhühnern Katzenhühner machen.
In Ihrem Buch geht es neben Vertrauen und Freundschaft auch um das Schätze sammeln. Ist das wichtiger denn je?
Schätze sammeln – das tun Kinder die ganze Zeit. Die darf man auch nicht wegschmeißen, ohne den Familienfrieden zu ruinieren. „Timme“ hat ja ein Abenteuerglas, in das er nach jedem Erlebnis was reintut. Als meine Frau gedanklich „Timme“ ein Glas in die Hand gegeben hat, hat mich das sofort gepackt: Die Vorstellung, dass man seine Abenteuer vor sich hat, sammelt und in Erinnerung behält. Das sind Schätze, die uns keiner nehmen kann und uns ins Erwachsensein begleiten.
Wie weiß man denn als Elternteil, welches Buch für sein Kind das Richtige ist?
Das eine ist: Gefällt es dir selbst und habe ich Spaß beim Vorlesen. So kann ich meine Begeisterung weitergeben. Wenn du gelangweilt vorliest, ist das auch für das Kind nicht interessant. Das andere ist: Wenn ich vorlese und das Kind dämmert weg, war es ein langweiliges Buch. Ein gutes Zeichen ist, wenn Kinder dich unterbrechen und ein Dialog entsteht.
Sie lesen bei der Münchner Bücherschau Junior. Was erwartet das kleine Publikum?
Das Buch richtet sich an Kinder von vier bis zwölf Jahren. Aber ich habe auch erfahren, dass Ältere es mögen. Nur sagen die dann: „Naja, es ist nicht so spannend für mich, eher was für Kleinere, aber schon ganz nett.“ Sie wollen es nicht zugeben, dass es auch für sie spannend ist. Wir wollen im Hintergrund eine Power-Point-Präsentation machen, in der man die Bilder von Dominik Rupp sieht, der das Buch illustriert hat. Und dann wollen wir noch in einem Blick hinter die Kulissen zeigen, wie die Figuren entstanden sind.
Sie sind seit 2019 Botschafter der Kinderrechtsorganisation „Terre des hommes“. Was ist Ihre Aufgabe?
Die Projekte, die sie organisiert, der Öffentlichkeit bekannt zu machen. „Terre de hommes“ unterstützt Kinder vor Ort. Je früher man ansetzt, desto mehr erntet man. Das heißt, die Kinder im Kindergarten zu fördern, unterstützt sie auf Lebenszeit und für die Zukunft. Investieren in Kinder ist absolut wichtig. Das stört mich an der aktuellen Politik, dass dort so viele Erwachsene sind. Das ist anstrengend, weil sie nur an ihr „Jetzt“ denken. Da werden viele Entscheidungen getroffen, die auf Kosten der Kinder gehen.
Apropos Politik. Was meinen Sie, wo unsere Welt hinsteuert?
Klingt komisch, aber ich bin totaler Optimist. Das ist das Kind in mir, das glaubt, dass alles gut wird. Es ist eine absolut bittere Zeit. Wenn man sich vorstellt, dass Leute mit ihren Kindern im Bunker sitzen, wie lange wird das noch dauern? Aber aus der Asche steigt der Phönix. Die Tatsache, dass ganz Europa gegen einen Diktator zusammensteht, ist ein gutes Zeichen.
Haben Sie einen Bezug zu München?
Eine meiner Tanten ist nach München gezogen, weshalb ich mit der Stadt immer mehr verbunden habe als mit anderen Städten. Ich habe viele Freunde dort und trete auch immer mal wieder im Lustspielhaus auf. München gehört zu den Städten, die ich einfach mag. Sie haben ja auch den Vorteil, weit mehr Gebirge vor sich zu haben als die Hamburger. Ich bin ein Bergmensch ohne Ende.
ZUR PERSON
Bernhard Hoëcker, Jahrgang 1970, ist in Neustadt an der Weinstraße geboren. Er lebt mit seiner Frau, Eva von Mühlenfels – einer TV-Producerin und Autorin – sowie den beiden gemeinsamen Töchtern auf einem Bauernhof in der Nähe von Bonn. Sein Lieblingsbuch als Kind war „Das kleine Gespenst“ von Otfried Preußler. Schon zu Studienzeiten sammelte er erste Bühnenerfahrungen. Von 2001 bis 2003 war er beim Bonner Improvisationstheater „Die Springmaus“. Mit seinem ersten Soloprogramm „Hoëcker, Sie sind raus!“ war er bis 2005 auf Tournee. Seine Fernsehkarriere begann mit der Satiresendung „Switch“ sowie dem Comedy-Quizformat „Genial daneben“. Seit 2015 ist Hoëcker neben Elton als „Superhirn“ in Kai Pflaumes Sendung „Wer weiß denn sowas?“ montags bis freitags in der ARD zu sehen.
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