So sollen „Reichsbürger“ in Bayern entwaffnet werden
München - Etwa 340 „Reichsbürger“ in Bayern besitzen Waffen. Die Behörden stehen nun vor der Aufgabe, jeden Fall zu prüfen – und bekennende Anhänger der Bewegung gegebenenfalls zu entwaffnen. Die Sache kann dauern.
Wer in Deutschland eine Schusswaffe kaufen oder nutzen will, muss vor allem eins sein: zuverlässig. So steht es im Waffengesetz, Paragraf 5. Dann ist von der „persönlichen Eignung“ die Rede. Ungeeignet ist zum Beispiel, wer schon mal zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. „Reichsbürger“ sein gehört bislang nicht zu den Ausschlusskriterien.
Seit den tödlichen Schüssen auf einen Polizisten im mittelfränkischen Georgensgmünd liegen die Dinge etwas anders. Vergangene Woche sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU), dass 340 so genannte Reichsbürger im Freistaat Waffen besitzen und sprach von einem „Alarmsignal“. Die Landratsämter haben nun die Aufgabe, mutmaßliche „Reichsbürger“ mit Waffenbesitzkarte oder Waffenschein zu überprüfen – und im Zweifel zu entwaffnen.
Wer zählt zu der dubiosen Gruppierung?
Das gestaltet sich alles andere als leicht. Die erste Hürde liegt schon in der Frage, wer eigentlich zu der dubiosen Gruppierung zählt. Das Landratsamt Rosenheim zum Beispiel prüft derzeit 31 Fälle – 26 haben eine Waffenbesitzkarte, fünf den kleinen Waffenschein, der zum Besitz von Schreckschusswaffen berechtigt. Nur drei von ihnen kann die Behörde halbwegs sicher eine Nähe zur „Reichsbürger-Bewegung“ nachweisen, weil sie etwa bei Polizeikontrollen aufgefallen sind.
Die übrigen 28 müssen weiter überprüft werden. „Wir haben sie aufgefordert,

schriftlich Stellung zu nehmen“, sagt Landratsamts-Sprecher Michael Fischer. Sollte sich der Verdacht bestätigen, muss der Betroffene seine Waffen abgeben oder verkaufen. Tut er das binnen einer festgesetzten Frist nicht, kommen Mitarbeiter des Landratsamts und der Polizei zu einem Hausbesuch, um Waffen oder die Waffenbesitzkarte zu beschlagnahmen. So wie in Georgensgmünd.
„Wir stehen ganz am Anfang“, sagt Fischer. Die Schreiben sind gerade rausgegangen – spannend wird sein, wie aufschlussreich die Antworten ausfallen. „Reichsbürger“ sind nicht dafür bekannt, besonders gerne mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Im Gegenteil erkennen sie den Staat und seine Organe nicht an.
Bis die Waffen eingezogen sind, kann es dauern
Aber auch unabhängig davon bestehen Unwägbarkeiten. Es wird nicht leicht, die Antworten zu bewerten und die Leute eindeutig zuzuordnen. „Die Frage ist auch, an wen wir uns wenden, wenn wir unsicher sind“, sagt Fischer. Heißt: Es kann dauern, bis Waffen tatsächlich eingezogen sind.
Andere Landratsämter stehen vor der gleichen Aufgabe. Im Kreis Traunstein, sagt Sprecher Roman Schneider, gebe es 20 Personen, die den „Reichsbürgern“ nahestehen und Waffen besitzen. Darunter seien „alle genehmigungspflichtigen Waffen – vom Klein- bis zum Großkaliber. Im Kreis Fürstenfeldbruck weiß man von drei Personen, die sich den Reichsbürgern zuordnen lassen. Sie haben aber keine Waffenerlaubnis, sagte Sprecherin Ines Roellecke. 20 bis 30 weitere seien zumindest auffällig, zwei haben einen großen Waffenschein. Sie alle seien inzwischen der Polizei gemeldet.
Um den „Reichsbürgern“ in Zukunft den Zugang zu Waffen zu erschweren, hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) am Montag einen weitreichenden Vorschlag gemacht. Der Verfassungsschutz solle künftig alle Antragssteller auf extremistische Hintergründe überprüfen. Die Reaktion aus Bayern war eher verhalten – schon jetzt werde stark geprüft. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, wer einer extremistischen Vereinigung angehöre, bekomme auch keine Waffenerlaubnis.
Mangelnde Aufklärungsarbeit in den eigenen Reihen muss sich das Ministerium jedenfalls nicht vorwerfen lassen: Der Sprecher sagte, inzwischen liefen 15 Disziplinarverfahren gegen bayerische Polizisten.