Sinkende Corona-Patientenzahlen in Bayern: Mediziner vorsichtig optimistisch - „Spüren, dass Covid zurückgeht“

In Bayerns Kliniken werden weniger Corona-Patienten behandelt. Trotzdem hält sich der Optimismus von Medizinern noch in Grenzen. Nicht nur wegen der Virusvarianten. Ein Lagebericht.
München - Ein Jahr, nachdem die Corona-Pandemie* in Bayerns Krankenhäusern angekommen ist, können die Ärzte und Pflegekräfte zumindest ein wenig durchatmen. Die Belegungszahlen sinken – sowohl auf den Corona-Intensivstationen als auch auf den Normalstationen. Gerade Letzteres könnte ein Anhaltspunkt für eine weitere Entspannung der Lage sein, denn die Normalstation gilt in vielen Fällen als Vorstufe zur Intensivstation.
Corona in Bayern: Lage in den Krankenhäusern entspannt sich ein wenig
„Wir spüren, dass Covid zurückgeht“, sagt Stefan Huber, Geschäftsführer der Kreisklinik Ebersberg. Sein Kollege Thomas Lippmann von den Krankenhäusern Weilheim, Schongau und Penzberg bestätigt: „Der fallende Inzidenzwert im Landkreis spiegelt sich in unseren Kliniken wider.“ Und auf der Intensivstation des Klinikums Freising gab es Donnerstag sogar vorübergehend freie Betten.
Doch von Euphorie sind die Corona*-Krisenmanager zwischen Garmisch-Partenkirchen und Aschaffenburg noch weit entfernt. Denn momentan kann niemand abschätzen, in welchem Ausmaß die gefürchteten Virusvarianten* das Infektionsgeschehen anheizen werden. Außerdem haben die Kliniken trotz des Rückgangs der nackten Corona-Belegungszahlen derzeit kaum weniger Arbeit. So haben die Unfallchirurgen zuletzt unter anderem wegen Schnee- und Glatteisunfällen alle Hände voll zu tun gehabt.
Corona in Bayern: Im Winter landen viele andere Patienten auf der Intensivstation
In der Landeshauptstadt sei auch die Belegung der Intensivstationen weiterhin hoch, berichten die Krankenhaus-Koordinatoren Dr. Viktoria Bogner-Flatz und Dr. Dominik Hinzmann. Zwar sei der Anteil der Corona*-Patienten seit dem Jahreswechsel um durchschnittlich 20 Prozent gesunken. Doch im Winter landen in München traditionell viele andere Patienten auf den Intensivstationen, etwa wegen Glatteis-Unfällen, anderen Infektionskrankheiten oder Herz-Kreislauf-Notfällen.

Dazu kommt, dass die Behandlung der immer noch vielen Covid-19-Patienten extrem aufwändig und langwierig ist. „Manche Patienten lagen 180 Tage bei uns“, berichtet Dr. Franz Brettner, Chef der Intensivmedizin im Krankenhaus Barmherzige Brüder. Sein Haus gehört zu den Eckpfeilern bei der Behandlung schwerster Verläufe in München – auch deshalb, weil es ein spezielles Lungenunterstützungssystem namens ECMO einsetzt. Auch viele schwerstkranke Patienten kämen wieder auf die Beine, betont Brettner.
Corona in Bayern: Trendwende setzt ein, Durchbruch noch nicht geschafft
Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Jeder Corona-Patient weniger bewirkt eine Entlastung der Klinik-Mitarbeiter, die bis an den Rand der Erschöpfung um das Leben ihrer Patienten kämpfen. Nun setzt der erhoffte Trend offenbar endlich ein. Das kristallisiert sich beispielsweise in der Unfallklinik Murnau heraus. Dort habe sich die Zahl schwerkranker Covid-19-Patienten im Vergleich zum Höchststand halbiert, berichtet Dr. Franz Dotzer. Von einem Durchbruch will er aber noch nicht sprechen. Mit den meisten Kollegen teilt er die Einschätzung, dass ein Nachlassen bei den Schutzmaßnahmen fatale Folgen haben könnte.
„Wir müssen nach wie vor zusätzliche Ressourcen in die intensivmedizinische Behandlung stecken“, sagt auch Barbara Nazarewska, Sprecherin des Uniklinikums rechts der Isar. „Je höher die Infektionsraten in der Allgemeinbevölkerung sind, umso mehr Patienten kommen auf die Intensivstation.“ Deshalb bemühten sich zahlreiche weitere Klinik-Experten und Ärzte in Gesprächen mit unserer Zeitung darum, allzu großen Optimismus zu bremsen.
Corona in Bayern: Immer noch viel Patienten mit schweren Verläufen
Zumal die Mediziner weiterhin viele sehr schwere Verläufe bei Corona-Patienten behandeln müssen. So hat das LMU Klinikum allein seit Jahresbeginn 22 dramatisch erkrankte Patienten von anderen Kliniken übernommen. Vier von ihnen werden mit dem Lungenunterstützungssystem ECMO beatmet.
Immerhin: Der Trend hin zu einem Rückgang der Intensivpatienten könnte sich fortsetzen, dafür sehen Spezialisten konkrete Anzeichen. „Aufgrund der sinkenden Inzidenzraten gehen wir für die nächsten zwei Wochen von keiner steigenden Anzahl an Krankenhauseinweisungen von Covid-19-Patienten aus“, sagt Prof. Dr. Matthias Klein, der geschäftsführende Oberarzt der Zentralen Notaufnahme des LMU Klinikums Großhadern. (bez/ff/mes/sis/rs) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.
Verfolgen Sie das Corona-Geschehen in Bayern in unserem aktuellen News-Ticker.
Weitere Nachrichten aus ganz Bayern finden Sie auf unserer Ressort-Seite.