Tausende Corona-Impftermine in Bayern abgesagt - Zentren erheben schwere Vorwürfe

Viele Impfzentren in Bayern müssen in dieser Woche eine Zwangspause einlegen. Weil kein neuer Impfstoff geliefert wurde. Wie weitreichend die Folgen sind, kann noch kaum jemand abschätzen.
- In Bayern können diese Woche kaum Impfungen stattfinden, weil kein neuer Impfstoff geliefert wurde.
- Organisatoren wurden zu spät informiert - und müssen jetzt tausende Termine absagen.
- Gesundheitsminister Klaus Holetschek fordert verlässliche Zusagen von Biontech, Bund und EU.
München - Seit einigen Tagen ist bekannt, dass der Impfstoff-Hersteller Biontech/Pfizer Produktionsprobleme hat - die Auswirkungen wurden in vielen Regionen aber erst am Wochenende klar: Die ganze Woche über finden in Bayern wenig bis gar keine Impfungen statt, weil der Impfstoff fehlt. Ausschließlich die Termine für die zweiten Impfungen sind davon nicht betroffen, für sie wurde Impfstoff zurückgelegt.
Die Impfzentren stellt der fehlende Impfstoff vor große Probleme. „Logistisch ist das eine riesige Herausforderung“, sagt Sohrab Taheri-Sohi, der Sprecher des Bayerischen Roten Kreuzes, das bei der Organisation der Impfungen in vielen Regionen Bayerns beteiligt ist. Denn es ist nicht so einfach, die entfallenen Termine nachzuholen.
Impfstopp in Bayern: Werden Termine nun verschoben oder müssen neue vereinbart werden?
Es gibt zwei Möglichkeiten, sagt er. Die Termine von dieser Woche müssen als Ganzes auf die Zeit nach der nächsten Lieferung verschoben werden - sonst müssten die Betroffenen lange auf einen neuen Termin warten. Das würde aber bedeuten, dass sich nicht nur die Termine für diese Woche verschieben - sondern alle bereits vereinbarten Termine. Das wäre eine logistische Herausforderung. Denn unter den Betroffenen sind viele Pflegekräfte, die im Schichtdienst arbeiten.
„Die zweite Möglichkeit ist, dass alle Betroffenen gebeten werden, neue Termine zu vereinbaren“, sagt er. „Beide Varianten könnten sich negativ auf die Impfbereitschaft auswirken“, betont er. Noch ist völlig offen, wie es weitergeht - und wann die nächste Impfstoff-Lieferung eintrifft.
Video: Corona-Impfstoff von Biontech jetzt einfacher nutzbar
Impfstopp in Bayern: Erst am Sonntagabend war ganzes Ausmaß des Engpasses klar
Auch in den Impfzentren ist der Ärger darüber groß. Die meisten Termine sind vergeben worden, bevor die Produktionsprobleme bei Biontech bekannt wurden. Christian Achmüller, Leiter des Impfzentrums in Peißenberg (Kreis Weilheim-Schongau), hatte sich am Freitag noch erkundigt, ob die angekündigte Impfstoff-Lieferung trotzdem eintreffen wird. Als ihm gesagt wurde, er könne sich darauf verlassen, vergaben seine Mitarbeiter im Callcenter weiterhin Termine und kündigten mobile Impfteams in Pflegeheimen und Krankenhäusern an.
Am Sonntagabend kam dann die E-Mail, dass in der nächsten Woche gar keine Impfdosen geliefert werden. Die Mitarbeiter im Callcenter müssen nun alle anrufen, die einen Termin vereinbart hatten - um abzusagen. In anderen Regionen haben die Organisatoren dasselbe Problem.
Man darf nicht unterschätzen, dass der Impftermin für viele Menschen gerade der einzige Hoffnungsschimmer ist.
Impfstopp in Bayern: Allein in München sind mehr als 1000 Termine betroffen
„Es geht einfach nichts weiter“, ärgert sich Albert Söhl vom BRK in Freising. Er weiß nicht mal, wann die nächste Impfstoff-Lieferung in seinem Impfzentrum eintreffen wird. So seien Impfungen nicht organisierbar, schimpft er. In Peißenberg sind von den Absagen in dieser Woche etwa 200 Personen betroffen, in Freising hatten 320 Senioren einen Termin, in der Landeshauptstadt München rund 1100. In Miesbach mussten am Montag sogar die Impfstoff-Lieferungen für die nächsten drei bis vier Wochen widerrufen werden.
Nach Informationen des bayerischen Gesundheitsministeriums wird Biontech bei den vier geplanten Lieferungen bis Mitte Februar insgesamt 13 Prozent weniger Impfstoff liefern. Der neue Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) reagierte verärgert auf diese Verzögerung und forderte am Montag klare und verlässliche Zusagen von Biontech sowie von Bund und EU. Er betonte aber auch: „Die Corona-Impfungen in Bayern gehen trotz reduzierter Lieferungen weiter.“
Impfstopp in Bayern: „Den Ärger bekommen die Leute in den Impfzentren und an den Hotlines ab“
Die Impftermin-Organisation sei nur machbar, wenn es eine gewisse Planbarkeit bei den Lieferterminen gibt, sagt auch BRK-Sprecher Taheri-Sohi. Er fürchtet, dass die Impfbereitschaft unter weiteren Verzögerungen leiden könnte. „Man darf nicht unterschätzen, dass der Impftermin für viele Menschen gerade der einzige Hoffnungsschimmer ist“, betont er. Nicht jeder reagiere nun verständnisvoll auf die Absage. „Den Ärger bekommen die Leute in den Impfzentren und an den Hotlines ab“, sagt er. „Und die können wirklich rein gar nichts dafür.“