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Protest der Rotwesten - Tiroler Regierungschef lobt deutschen Verkehrsminister

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Von: Dirk Walter

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Demonstration gegen Bahntrasse im Inntal
3000 Demonstranten forderten einen Neustart für den Brenner-Nordzulauf. © dpa / Peter Kneffel

3000 Demonstranten, zumeist in rote Warnwesten gekleidet, forderten in Rosenheim einen Neustart für den Brenner-Nordzulauf. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ist dagegen. Aber bis 2030 werde es sicher keine neue Trasse geben.

Update vom 22.01.19: Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) lobt den Auftritt des deutschen Verkehrsministers in Rosenheim. Dass Andreas Scheuer sich am Montag klar für die Realisierung des Brenner-Zulaufs ausgesprochen „und damit Linie gezeigt hat, ist anerkennend festzustellen“, erklärte Platter gegenüber dem "Münchner Merkur". Erstmals seit langem gebe es damit „aus Bayern wieder ein Signal in die richtige Richtung“. Fest stehe aber auch, dass noch viele weitere Schritte zur Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene notwendig seien. Er werde Bayern und Deutschland „an Ergebnissen messen“, erklärte Platter. Das Lob ist durchaus ungewöhnlich: Tirol und Bayern streiten seit langem über die Lkw-Transitverkehr und die von Tirol nach Feiertagen verfügten Blockabfertigungen.

„Brenner DBakel“, „Stoppt den Bahnsinn“, „Kein Inntal 21“

Rosenheim – „Brenner DBakel“ steht auf den Warnwesten, „Stoppt den Bahnsinn“ oder „Kein Inntal 21“ auf den Transparenten. Mit Traktoren-Konvois zogen Demonstranten am Montagmittag vor das Rosenheimer Landratsamt. Ihr Ziel: Die Planungen für zwei weitere Bahngleise im Inntal müssten gestoppt werden. Vor allem auf die Bahn sind die Demonstranten sauer, aber auch auf örtliche CSU-Vertreter. „Das Dialogverfahren ist gescheitert“, ruft Thomas Riedrich von der Bürgerinitiative Stephanskirchen in sein Megafon. „Ein Weiter-so wird es nicht geben.“

BI-Sprecher fürchtet „abgekartetes Spiel“

Zwei weitere Gleise im Inntal – das ist das, vor dem sich alle fürchten. Jetzt gebe es kein Zurück mehr, fürchten viele. Den Bürgerdialog, den Scheuers Vorgänger Alexander Dobrindt im März 2017 mit Gemeindeforen angestoßen hatten, halten viele für eine reine Farce. Neben BI-Sprecher Riedrich auf dem Podest steht Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der sich einiges anhören muss. Ein gellendes Pfeifkonzert gibt es zur Begrüßung, „stopp, stopp, Planungsstopp“, skandieren die Demonstranten im Chor. Vor Scheuer haben Landwirte einen Wagen hingestellt, an einem Galgen baumeln Puppen, symbolisch für Landwirtschaft, Heimat und Natur. Die Demonstranten, das sieht man, sind empört – auch über die örtliche CSU.

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© Dirk Walter

Zwei weitere Gleise im Inntal – das ist das, vor dem sich alle fürchten. Während heute rund 200 Züge täglich durchs Inntal rauschen, könnten es laut Bahn in Zukunft bis zu 400 sein. Mit ersten Trassenvorschlägen hat die Bahn im vergangenen Jahr erste Pflöcke eingeschlagen, bis 2020, so der offizielle Zeitplan, soll die Trasse im Groben stehen.

Lesen Sie dazu bei Merkur.de*: Kommentar zur Demo gegen Brenner-Bahn-Trasse: Eine geballte Portion Wut

Jetzt gebe es kein Zurück mehr, fürchten viele. Den Bürgerdialog, den Scheuers Vorgänger Alexander Dobrindt im März 2017 mit Gemeindeforen angestoßen hatten, halten viele für eine reine Farce.

Gellendes Pfeifkonzert für Verkehrsminister Scheuer

Als Scheuer in seiner kurzen Ansprache vor den Demonstranten den Namen der Rosenheimer CSU-Bundestagsabgeordneten Daniela Ludwig erwähnt, erntet er wütende Pfiffe. Einige Demonstranten finden das unfair, schließlich hat Ludwig ihren Parteifreund Scheuer überhaupt erst nach Rosenheim geholt. Der Bundesverkehrsminister weist dann auch darauf hin, dass der Nordzulauf „kein Projekt einer Partei“ sei – soll heißen: schon gar nicht das der CSU. Stundenlang diskutiert er mit Bürgermeistern und BI-Vertretern im Landratsamt. 

Sein Versprechen: Das Wildwuchs mit bis zu 100 Trassenüberlegungen – von der Bahn im vergangenen Sommer präsentiert – soll rasch eingedämmt werden. Schon bis Juli dieses Jahres, so sagt der Minister, werde die Diskussion auf fünf „Diskussionstrassen“ verschlankt. Parallel aber soll – das ist Scheuer ganz wichtig – der Ausbau der bestehenden zwei Gleise untersucht werden. Diese seien heute nicht einmal ausgelastet.

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3000 Demonstranten forderten einen Neustart für den Brenner-Nordzulauf. © Dirk Walter

185 Züge fahren täglich in beiden Richtungen. Platz sei aber für 260 – ohne Ausbau. Würde die Strecke mit dem modernen System ETCS ausgestattet, wäre eine dichtere Zugabfolge möglich mit bis zu 320 Zügen täglich. Bis 2030 also kein Ausbau, so versichert es Scheuer. „Totalverweigerung wird nicht die Lösung sein“, betont der Minister. Aber er verspricht, stärker auf Kritik vor Ort einzugehen: „Wir machen nix ohne die Bürger.“ Es werde zudem einen „Lärmschutz plus“ geben, der über die gesetzlichen Erfordernisse hinausgehe. Das sei ja schon zugesagt, meint da die Abgeordnete Ludwig. Aber es gebe langwierige Planungsprozesse, die die Bürger nervten: „Der zusätzliche Lärmschutz kommt einfach zu langsam voran.“

Lesen Sie auch: Brenner-Zulauf: Alles zurück auf null?

Eine Szenarienstudie, die Scheuer nach Rosenheim mitbringt, zeichnet eine weitergehende Perspektive, die die Nerven zusätzlich strapazieren dürfte. Bis 2050, so heißt es darin, könne der Kapazitätsbedarf je nach Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts von 401 bis maximal 558 Züge reichen. Das ist die Zunahme des Güterverkehrs, eine Steigerung des Personenverkehrs ist nicht einmal mit eingerechnet. Klar ist: Das ginge in jedem Fall dann wirklich nur mit Neubau. Angaben zur Finanzierung oder auch zur Frage, wie viele Tunnel so eine Neubaustrecke haben könnte, macht Scheuer nicht.

Gertraud Wiesböck von der Bürgerinitiative Rohrdorf hatte bei Eiseskälte eine Stunde auf Scheuer gewartet - in den Händen ein Plakat mit der Aufschrift „Pseudobeteiligung, Bürgerverarschung“. Schon jetzt höre sie daheim täglich Bahnlärm, aber auch das Rauschen der nahen Inntal-Autobahn. Noch mehr sei nicht zumutbar. Doch sie habe wenig Hoffnung: „Die Trasse wird kommen, es kommt nur darauf an, wo.“

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