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Ebersberg, Erding, Chiemgau: Hier leben Oberbayerns „Reichsbürger“

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Reichsbürger-Razzia im Kreis Ebersberg: Die Polizei durchsuchte zuletzt speziell das Anwesen der Plieningerin Monika S.
Reichsbürger-Razzia im Kreis Ebersberg: Die Polizei durchsuchte zuletzt speziell das Anwesen der Plieningerin Monika S. © dpa

In Bayern gibt es diverse Hochburgen der sogenannten „Reichsbürger“. Mindestens 3000 Männer und Frauen im Freistaat sollen die deutsche Verfassung nicht anerkennen.

München/Pliening - Mindestens 3000 „Reichsbürger“ leben laut Innenministerium derzeit in Bayern. Mit zwei von ihnen hat Roland Frick (CSU) schon Bekanntschaft gemacht. Frick ist Bürgermeister der Gemeinde Pliening im Kreis Ebersberg - dem Sitz der „administrativen Regierung“ des „Bundesstaats Bayern“. „Reichsbürger“ lenken von dort aus die Geschicke ihrer fiktiven Regierung. Monika S., die in Landsham, einem Ortsteil von Pliening lebt, bezeichnet sich selbst als Vertreterin „für innere Angelegenheiten“. Das alles findet man auf der Internetseite des „Bundesstaats Bayern“, samt Fantasieurkunde mit Wachsstempel, die ihre Amtseinsetzung bestätigen sollen.

Im Sommer 2014 kamen erstmals zwei dieser „Reichsbürger“ in Fricks Büro und legten ihm ihre Weltanschauung dar. „Sie wollten ihre Ausweise abgeben, weil sie den Staat nicht anerkennen“, sagt Frick. Im Gemeindeleben spielten die beiden zwar keine Rolle. Und doch sei er seit dem Vorfall in Georgensgmünd aufmerksamer geworden, sagt der Bürgermeister.

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Verschwörungstheoretiker, psychisch Kranke oder Neonazis werden „Reichsbürgern“

Aber wie umgehen mit dem Phänomen „Reichsbürger“? Das kommt ganz darauf an, wen man vor sich hat. Denn „Reichsbürger“ ist nicht gleich „Reichsbürger“, heißt es aus dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz. Man habe es mit einer Splitterbewegung, der unterschiedliche Menschen angehören, zu tun: Querulanten, Verschwörungstheoretiker, psychisch Kranke, Staatsverdrossene und Neonazis. Aber sobald Waffen ins Spiel kommen, kann es gefährlich werden - wie im Fall Wolfgang P.

Drei Razzien hat es in den vergangenen Monaten in ganz Bayern gegeben, mehrmals waren die Einsatzkräfte der Polizei in Pliening, aber auch in Erding oder bei Fürstenfeldbruck. Es ging um den Verdacht der gewerbs- und bandenmäßigen Urkundenfälschung sowie Amtsanmaßung, die Polizei suchte aber auch nach Waffen.

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Roland Frick (CSU) ist Bürgermeister von Pliening.
Roland Frick (CSU) ist Bürgermeister von Pliening. © Rösl

Ausbilder bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei ebenfalls in der Bewegung

Tatsächlich hat die Polizei aber auch Polizisten im Visier. Der bekannteste Fall ist der eines hochrangigen Ausbilders bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei. Harald Schreyer, Dienstrang Erster Polizeihauptkommissar, ist im Rosenheimer Raum offen als „Reichsbürger“ aufgetreten. Gegen ihn läuft schon über ein Jahr ein Disziplinarverfahren, die Behörde möchte die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis vor dem Verwaltungsgericht beantragen.

Reichsbürger: Polizei schlägt in Landsham zu

Schreyer wurde 2016 vom Dienst suspendiert, erhält derzeit nur einen Teil seiner Bezüge. Gegen insgesamt 16 bayerische Vollzugsbeamte laufen derzeit Verfahren, wie das Innenministerium auf Nachfrage erklärt. Fünf der Polizisten befinden sich bereits im Ruhestand, sechs der übrigen elf Beamten wurden suspendiert. Ein Verfahren ist bereits abgeschlossen.

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Treue Anhängerschaft im Chiemgau

Auch im Chiemgau haben die „Reichsbürger“ eine treue Anhängerschaft - sie firmieren als „Gemeinde Chiemgau“. Die Gruppe sieht sich ausschließlich den bayerischen Gesetzen von 1914 verpflichtet. Der Verfassungsschutz schätzt, dass dem Umfeld der Gruppe bis zu 300 Menschen angehören. Besonders fallen die Chiemgauer „Reichsbürger“ dadurch auf, dass sie Fantasie-Kennzeichen an ihre Autos schrauben - zum Beispiel das Nummernschild „MENS–CH“, das selbstverständlich ungültig ist.

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Eine weitere Gruppierung in Bayern nennt sich „Exilregierung Deutsches Reich“, die eine Weltherrschaft des „politischen Zionismus“ prophezeit. Sie hat rund 30 Mitglieder. Der massenhafte Zustrom von Flüchtlingen ist für die „Exilregierung“ ein „Holocaust gegen die deutschen Völker“. Im Verfassungsschutzbericht Bayern wird die Gruppierung als „völkisch und antisemitisch“ eingestuft.

Erstmals wird in Deutschland eine Reichsbürger-Gruppierung verboten. Razzien in zehn Bundesländern.

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kb/sts/dpa

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