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Er singt für seinen Freund, den verurteilten Mörder

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Musiker Matthi Birkmeyer ist seit Schulzeiten mit „Bence“ befreundet, besucht ihn regelmäßig im Gefängnis. © fkn/mak

Matthi Birkmeyer (großes Foto) singt für seinen Freund. Dieser wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Eine PR-Aktion für ihn wird nun kontrovers diskutiert.

Hör bloß net auf zum Plärrn, weil wos D’zum sagn hast, solln s’scho hern. Steh no amoi auf, mach’ an Schritt, soweit i kann, geh i aa mit... Die Textzeilen, die Matthi Birkmeyer für Benedikt Toth (kl. Foto) singt, sind keine leeren Worte. Der 39-jährige Musiker ist schon lange an der Seite seines Schulfreunds. Er war dabei, als ihm wegen Mordes an seiner Tante, der Parkhaus-Millionärin Charlotte Böhringer, der Prozess gemacht wurde – und als im August 2008 das Urteil fiel: Toth wurde wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. „Das war furchtbar – die Stimmung war voreingenommen, entlastende Indizien wurden nicht zugelassen, Zeugen pro Bence hart angegangen“, erinnert sich der Musiker, der die Erlebnisse in seinen Song „Hör nicht auf“ verarbeitete. Damals wollte er Toth Mut machen, jetzt will er mit dem Lied Aufmerksamkeit erregen – bei einem Konzert auf dem Kulturfestival Corso Leopold.

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Benedikt Toth

Am Sonntag, 11. September, ab 11 Uhr singen er und andere Künstler auf der Leopoldstraße Lieder für Benedikt Toth, außerdem werden Buttons mit der Aufschrift „Free Benedikt Toth“ verteilt. Passanten können sich mit aufmunternden Botschaften fotografieren lassen. Geplant hat die Aktion PR-Berater Terry Swartz­berg. „Wir wollen einfach einen fairen Prozess“, betont Swartzberg. Der wurde Toth seiner Meinung nach nicht gewährt. Zu viele Fragen seien offen, am prominentesten eine rätselhafte DNA-Spur, die am Tatort in der Baaderstraße gefunden wurde.

Die Aktion – ein Versuch, die Gesellschaft zu sensibilisieren. Der juristische Weg ist ausgeschöpft. Das Bundesverfassungsgericht hat es 2016 abgelehnt, sich mit dem Fall zu beschäftigen. „Doch auch Politiker wie Claudia Stamm sagen, dass etwas dramatisch falsch gelaufen ist“, so Swartz­berg. „Sie hat eine Anfrage dazu im Landtag gestellt.“

In der Münchner Politik wird das Vorhaben kontrovers diskutiert. Die Stadtrat-Gruppierung Alfa, der ein Infostand auf dem Corso verweigert worden sein soll, nimmt das Vorhaben zum Anlass, eine Einstellung der städtischen Fördergelder zu fordern.

Diese beschränkten sich sowieso auf ein Minimum, sagt Kulturreferats-Sprecherin Jen­ny Becker. „Wir fördern das Kulturprogramm mit 1250 Euro pro Tag, aber nicht für Einzelkonzerte, sondern eher für Technik und Bühnen.“ Trotzdem werde man sich nach dem Wochenende mit den Veranstaltern zusammensetzen. „Wir wollen nicht zensierend eingreifen, aber nachfragen, welche Kriterien bei der Auswahl angelegt werden.“

Corso-Veranstalter Ekkehard Pascoe betont, dass das Konzert keine Corso-Aktion sei, sondern eine Aktion auf dem Corso. „Wir sind nicht begeistert, aber wir bieten eine kulturelle Plattform für unterschiedliche Meinungen – wieso sollte man diese Meinung nicht äußern dürfen?“ Im Falle des Alfa-Standes habe es sich um ein Missverständnis gehandelt. „Wir werden Alfa zulassen.“ Anders als bei der AfD, deren Anfrage man abgelehnt hat, sehe man bei dieser Gruppierung keinen Widerspruch zur in der Satzung verankerten Völkerverständigung. Maren Kowitz

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